Obwohl eine Mehrheit der Bevölkerung den Öffnungskurs des Bundesrats stützt und optimistisch in die Zukunft blickt, ist das Vertrauen in die Arbeit des Bundesrats nicht gestiegen. Im Gegenteil, wie die jüngste Corona-Umfrage des Forschungsinstituts Sotomo zeigt: Der Anteil der Befragten, die der bundesrätlichen Pandemiepolitik grosses oder sehr grosses Vertrauen entgegenbringen, ist von 53 auf 45 Prozent gesunken. Der Anteil jener mit tiefem oder sehr tiefem Vertrauen ging gleichzeitig von 33 auf 31 Prozent zurück.
Erstmals seit Beginn der Pandemie möchte zudem eine knappe Mehrheit von 52 Prozent, dass der Bundesrat die ihm durch das Epidemiengesetz zugestandenen zusätzlichen Entscheidungskompetenzen wieder abgibt. Im Gegensatz dazu findet aber nur gut ein Viertel, dass die Machtkonzentration bei der Exekutive grundsätzlich zu weit gegangen ist.
Bevölkerung steht hinter Turbo-Öffnung
Die Umfrage wurde zwar in den Tagen vor dem Bundesratsentscheid durchgeführt. Weil die Vorschläge der Regierung da aber bereits auf dem Tisch lagen, konnte in der Befragung auch die Meinung zu den einzelnen Massnahmen beziehungsweise deren Aufhebung abgeholt werden.
Das Resultat in Kurzform: Die Bevölkerung stützt den raschen Lockerungskurs des Bundesrats in weiten Teilen. Eine deutliche Mehrheit spricht sich für eine rasche Aufhebung fast aller Massnahmen aus. Rund ein Drittel ist mit dem eingeschlagenen Tempo zufrieden. Fast 40 Prozent halten das Lockerungstempo für zu zögerlich und nur 28 Prozent finden das Vorgehen überhastet.
Dabei zeigt sich auch: Die Jüngeren sind für einen forscheren Öffnungskurs als die Senioren. Wenig überraschend wollten auch die SVP-Sympathisanten stärker aufs Pedal drücken, während die Anhänger der übrigen Parteien das bundesrätliche Tempo weitgehend unterstützen.
Ambivalente Masken-Haltung
Was die einzelnen Massnahmen betrifft, findet die Aufhebung der Obergrenze für private Treffen mit 81 Prozent am meisten Zustimmung, gefolgt von der Streichung der Homeoffice-Pflicht. Zwei Drittel sind für das Ende der Zertifikatspflicht und auch für eine generelle Aufhebung der Maskenpflicht findet sich noch eine knappe Mehrheit.
Bei der Masken-Frage zeigt sich allerdings eine ambivalente Haltung. Am deutlichsten stellt sich die Bevölkerung gegen eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz. Bezüglich Maskentragen an öffentlichen Veranstaltungen sind die Meinungen fast hälftig geteilt. Hingegen sind 61 Prozent für die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr, so wie es der Bundesrat beschlossen hat.
Zu weit geht einer Mehrheit von 55 Prozent das Ende der Maskenpflicht in den Läden. «Dies macht deutlich, dass es in diesem Bereich keine gefestigten Mehrheiten in der Bevölkerung gibt», so das Fazit der Studienautoren.
Optimismus kehrt zurück
Was sich in der Umfrage hingegen deutlich zeigt: Der Optimismus ist zurück! Seit Beginn der Pandemie war er nie so gross wie jetzt. 50 Prozent der Befragten sind eher oder sehr optimistisch, bloss noch 16 Prozent sind eher oder sehr pessimistisch. Besonders ausgeprägt ist der Meinungsumschwung bei den jungen Erwachsenen.
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Mit dem Optimismus geht nicht nur ein grosser Lockerungswille einher, auch bezüglich restriktiveren Ansätzen hat die Stimmung gekehrt. Nachdem sich im Herbst 2021 erstmals Mehrheiten zumindest für eine punktuelle Impfpflicht abgezeichnet haben, ist das Thema nun wieder vom Tisch. Eine Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegebereich wird nur noch von 41 Prozent unterstützt. Für eine generelle Impfpflicht sprechen sich nur gerade noch 33 Prozent aus.
Neue Massnahmen im Winter
Omikron hat der Pandemie aus Sicht vieler den Schrecken genommen und mittlerweile auch zu einem Umdenken geführt, was die Durchseuchungsstrategie betrifft. Seit letztem Herbst ist der Anteil jener, welche eine Durchseuchung begrüssen, von 27 auf 48 Prozent gestiegen.
Trotz des aktuellen Optimismus glaubt die Bevölkerung aber noch nicht an das Ende der Pandemie. Vielmehr rechnen 51 Prozent damit, dass im nächsten Winter erneut Massnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus getroffen werden.