«Dann gehen wir halt mehrmals einkaufen»
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Wertfreigrenze seit Januar:«Dann gehen wir halt mehrmals einkaufen»

Neue Regeln für Einkaufstourismus: Was bewirkt die Grenze von 150 Franken?
«Jetzt sitzen einfach mehr Leute in den Autos»

Die Halbierung der Zollfreigrenze für Einkaufstouristen auf 150 Franken hat unerwartete Folgen: Lange Schlangen an den Grenzen sind offenbar ausgeblieben. Aber es ist zu beobachten, dass jetzt einfach mehr Leute in einem Auto sitzen. Dafür gibt es einen guten Grund.
Publiziert: 04.03.2025 um 09:37 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2025 um 11:05 Uhr
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Anfang Jahr wurde die Zollfreigrenze für Einfuhren aus dem Ausland von 300 Franken auf 150 Franken gesenkt.
Foto: GEORGIOS KEFALAS

Auf einen Blick

  • Zollfreibetrag für Einkäufe im Ausland auf 150 Franken halbiert
  • Mehr Personen pro Auto, um zollfreies Budget zu erhöhen
  • 20 Prozent weniger Einkaufstouristen erwartet laut Studie der Universität St. Gallen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nastasja HofmannRedaktorin Politik

Am Wochenende kurz über die Grenze fahren, um sich in Deutschland einen günstigen Wocheneinkauf zu sichern? Das ist seit dem 1. Januar 2025 etwas umständlicher geworden. Bis Ende 2024 galt: Wer unter einem Wert von 300 Franken auf der anderen Seite der Grenze einkaufte, konnte dies zollfrei tun.

Das Schweizer Gewerbe beschwerte sich immer wieder, dass dadurch Milliarden ins Ausland abflössen. Der Zollfreibetrag ist deshalb halbiert worden, sprich: Von der Schweizer Mehrwertsteuer befreit bleiben nur noch Einfuhren unter einem Gesamtwert von 150 Franken pro Person und Tag.

Kommt es an den Grenzübergängen jetzt zu langen Schlangen? Offenbar nicht. Doch wie Zöllnerinnen und Zöllner gegenüber Blick übereinstimmend berichten, hat die neue Regelung ungewohnte Folgen: «Es sitzen jetzt einfach mehr Leute in den Autos», sagt einer.

Ähnliche Beobachtungen machte auch «Swissinfo» an den Grenzübergängen zu Italien. Zahlen zu dieser Beobachtung gibt es nicht; es wird nicht erfasst, wie viele Personen in einem Auto an der Grenze sitzen. 

Klar ist aber: Mit diesem Trick lässt sich das mehrwertsteuerfreie Budget wieder etwas nach oben mogeln. Denn wenn beispielsweise vier Personen in einem Auto unterwegs sind, dürfen sie insgesamt Ware im Wert von 600 Franken zollfrei in die Schweiz einführen.

Das ist praktisch – und ökologisch noch obendrauf: Der Treibstoffverbrauch und die Emissionen pro Person sinken, wenn sich mehrere Personen ein Auto teilen.

Viel Wirbel um nichts?

Bevor die neue Regelung auf politischen Druck hin eingeführt worden ist, gab es viel Kritik. Alarm schlugen beispielsweise die Gewerkschafter. Sie rechneten ab Anfang Jahr mit einem Mehraufwand an den Grenzen. Mitte-Nationalrat Gorgio Fonio (40) warnte letztes Jahr vor «einer starken Überbelastung des Zollpersonals» und «langen Warteschlangen bei der Einreise».

Das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) gibt diesbezüglich jedoch Entwarnung. Es teilt Blick mit, dass die Änderung bisher keine Auswirkungen auf Kontrolltätigkeiten hätten und «die Kontrollen wie bisher mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen» durchgeführt würden.

Und auch das zuständige Hauptzollamt Singen in Deutschland bestätigt diese Wahrnehmung: «Derzeit nehmen wir keine Auswirkungen wahr, die sich auf die Einfuhrgrenze für Wareneinfuhren in die Schweiz zurückführen lassen.»

Die Behörden merken also kaum Veränderungen bei ihrer Arbeit. Weder lange Warteschlangen vor den Zollstellen noch Staus oder Überlastung des Zollpersonals.

Schweizer Geschäfte könnten profitieren

Profitiert denn wenigstens das einheimische Gewerbe nach der Einführung der neuen Wertgrenze? Die Kantone Thurgau und St. Gallen machten nämlich bereits vor Jahren mittels Standesinitiativen Druck, damit die Zollfreigrenze endlich gesenkt wird.

Für Matthias Hotz, Präsident des Thurgauer Detailhandelsverbandes, ist es noch zu früh, um konkrete Auswirkungen festzustellen. «Wir sind aber überzeugt, dass es positive Auswirkungen auf das Einkaufsverhalten haben wird.» Diese Feststellung stützt Hotz auf eine Studie der Universität St. Gallen, welche wegen der 150-Franken-Grenze von rund 20 Prozent weniger Einkaufstouristen ennet der Grenze ausgeht. Am wichtigsten sei aber, dass durch die Senkung ein wichtiger Schritt zu einem fairen Wettbewerb gemacht wurde, so Hotz.

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