Nach zwei Fehlgriffen
Ein Nato-Freund wird Staatssekretär

Wer ist Markus Mäder? Der Brigadier setzt auf «bewährte Erfahrungen mit phantasievollem Denken».
Publiziert: 24.12.2023 um 08:27 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2023 um 08:31 Uhr
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Markus Mäder wird Staatssekretär im VBS.
Foto: keystone-sda.ch
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Aus der Notlösung könnte eine Traumlösung werden: Sichtlich erleichtert präsentierte Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) am Freitag Markus Mäder (52) als neuen Staatssekretär für Sicherheitspolitik. Amherds erste Wahl Jean-Daniel Ruch (60) war über Erpressbarkeit wegen Sex-Affären gestolpert. Amherds zweiter Fehlgriff war Thomas Greminger (62) –er soll eine russische Geliebte befördert haben. Mit Brigadier Mäder hat Amherd einen Mann aus dem Hut gezaubert, der auch in Militärkreisen Anerkennung geniesst und bislang nicht mit kontroversen Ansichten zu reden gab. Mäders einzige Achillesferse ist seine Mitgliedschaft im Stiftungsrat der Forschungseinrichtung Swisspeace, dessen Direktor Laurent Goetschel (58) wegen umstrittener Aussagen zur Hamas, zum Nahostkonflikt und zu Russland in der Kritik steht. Mäder habe mit Goetschels Aussagen allerdings nichts zu tun, betont das VBS: «Markus Mäder trägt die Haltung des Bundesrates.»

Über das Privatleben des Staatssekretärs ist nichts bekannt, was ganz im Interesse des VBS sein dürfte. In seiner Doktorarbeit dankt Mäder brav seinen Eltern. 

Mäders Auftrag lautet, am 1. Januar das Staatssekretariat für Sicherheitspolitik (Sepos) in Betrieb zu nehmen. Viele zweifeln an Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit des Sepos – Mäder muss die Kritiker vom Gegenteil überzeugen. Was steht noch auf seiner To-do-Liste? 

1. Neutralitätsdoktrin

«Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor»: Dieses Prinzip des römischen Kriegstheoretikers Flavius Vegetius Renatus prägt Markus Mäder. Er ist überzeugt: Eine Doktrin bringt nur dann etwas, wenn sie immer wieder neu mit Leben gefüllt wird. Eine ideale Doktrin verbinde «bewährte Erfahrungen mit fantasievollem Denken». Was Mäder zugutekommt: Mit Beat Jans (59) kommt frischer Wind in den Bundesrat – auch was die Neutralitätsfrage betrifft. So hätte Jans kein Problem damit, die Ukraine mit Panzern zu unterstützen. 

2. Beziehung zur Nato

Die Schweiz ist seit Bundesrat Adolf Ogi (81) im Rahmen der «Partnerschaft für den Frieden» mit der Nato verbunden. Für Ogi war die Nato eine «Menükarte für militärische Kooperation ohne rechtliche oder politische Verpflichtungen». Die Zeiten sind jedoch vorbei: Die Nato erwartet eine Friedensdividende und ist nicht mehr bereit, die Schweiz zum Nulltarif zu schützen. Schon jetzt kooperiert die Schweiz mit der Nato. So teilte die Schweiz ihr Fachwissen beim Zugtransport von Panzern. Das Bahnland Schweiz hat hier eine weltweit einzigartige Expertise. Weitere Kooperationen mit der Nato sollen folgen. Ein Vorteil: Mäder gilt als Nato-Freund mit guten Kontakten aus seiner Zeit in Brüssel.

3. Bewaffnete Übungen

Der Sicherheitsexperte Henrik Larsen stellte der Schweizer Armee 2019 ein vernichtendes Urteil aus: «Auch wenn die Schweiz wollte, könnte sie an den grossen Nato-Übungen nicht teilnehmen, da ihrer Milizarmee die Kapazitäten für ein grösseres Aufgebot fehlen.» Armeechef Thomas Süssli (57) hat den Auftrag, die Truppe flottzumachen. Amherds Sicherheitsberaterin Pälvi Pulli (53) versicherte den Nato-Partnern, die Schweiz wolle «am ganzen Spektrum» der Nato-Übungen teilnehmen. Also auch am Szenario eines Angriffs auf die Nato.

4. Schweizer Nato-Personal

Auch wenn die Schweiz kein Nato-Mitglied ist, unterstützt sie das Bündnis mit Personal. Markus Mäder muss vakante Posten in Belgien, Italien und Deutschland besetzen. Da Finnland und Schweden der Nato beigetreten sind, werden weitere Plätze in den Kommandostrukturen frei. 

5. Ruag-Komplex

Zwei Untersuchungen dürften Viola Amherds Präsidialjahr trüben. Sowohl die Eidgenössische Finanzkontrolle als auch eine externe Anwaltskanzlei untersuchen das Chaos beim staatseigenen Rüstungsbetrieb Ruag. Es geht um Korruption, Vetternwirtschaft und mangelnde Kontrolle. Auch der Verbleib von 96 Leopard-1-Panzern in Norditalien ist Thema der Untersuchungen. Die deutsche Firma GLS hat in Italien einen Sieg errungen: Laut einem Gericht muss ihr die Ruag 25 Panzer liefern. Die Ruag kündigte Berufung an. «Der ganze Deal ist miserabel dokumentiert», sagt ein Ruag-Insider zu Blick. «Wenn es der GLS gelingt, die Transaktion zu dokumentieren, hat sie gute Karten, denn es gibt einen Schriftverkehr mit Verkaufsabsicht.» Da die Ruag-Politik auch die Interessen von Nato-Partnern tangiert, muss Mäder hier für Ordnung sorgen.

6. Women, Peace and Security (WPS)

Die Rolle von Frauen in Friedensprozessen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Studien zeigen: Sind Frauen beteiligt, klappts mit dem Frieden besser. Entsprechend forciert VBS-Chefin Viola Amherd eine klare WPS-Agenda, die Markus Mäder konkretisieren muss.

7. Armeeausrüstung erneuern

«Die Finanzlage ist schwierig», sagte Amherd am Freitag in Bern. «Wir haben jetzt bereits Fähigkeitslücken. In den letzten Jahrzehnten wurde auf dem Buckel der Armee gespart.» Die Artillerie gilt als bedingt abwehrbereit. Erst am Montag hat das VBS über ein vorläufiges Fahrverbot für Schützenpanzer informiert. In den nächsten Jahren droht der Armee ein Desaster. Mäder hat alle Hände voll zu tun, zusammen mit Armeechef Süssli hier Abhilfe zu schaffen. Keine leichte Aufgabe, denn das Parlament ist diese Woche auf die Bremse getreten: Bis 2030 wird das Armeebudget doch nicht auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht.

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