Thomas Greminger wird nicht Staatssekretär – wegen umstrittener Beförderung seiner Ex-Geliebten?
Auch Amherds Ersatzkandidat stolpert über Privates

VBS-Chefin Viola Amherd hat immer noch keinen Staatssekretär. Auch ihre zweite Wahl vermischte Privates und Berufliches.
Publiziert: 03.12.2023 um 13:13 Uhr
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Aktualisiert: 03.12.2023 um 13:17 Uhr
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Thomas Greminger (62) zählt zu den erfahrensten Schweizer Diplomaten.
Foto: Philippe Rossier
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Thomas Greminger (62) zählt zu den erfahrensten Schweizer Diplomaten. Als Putin 2014 die Krim annektierte, half der ausgewiesene Sicherheitsexperte, eine Beobachtermission für die Ukraine einzurichten. Von 2017 bis 2020 war Greminger Generalsekretär der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien – und damit einer der wenigen Schweizer Spitzendiplomaten, die auf die Weltbühne gelangt waren. Seit 2021 ist er Direktor des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik.

Greminger gilt als hervorragend vernetzt. Er hat die Handynummern von Staatenlenkern und Diktatoren. Er verhandelte sogar, im Auftrag des Bundesrats, mit der islamistischen Hamas. Seine geopolitischen Szenarien geben immer wieder zu reden. So schlug er vor, die Ukraine solle Gebiete an Russland abtreten – bis in Moskau eine neue Regierung an der Macht ist. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45) war das eine Provokation.

Fachlich wäre Greminger ein Topkandidat für das neue Amt des Staatssekretärs für Sicherheitspolitik. VBS-Chefin Viola Amherd (61) sucht auf den 1. Januar dringend einen erfahrenen Sicherheitsberater, nachdem Jean-Daniel Ruch (60), ihre erste Wahl, das Amt wegen fragwürdigen privaten Verhaltens nicht antreten konnte. Greminger hätte seine Pensionierung mit über 310 000 Franken Jahressalär vergolden können.

Doch daraus wird jetzt nichts, wie die Tamedia-Zeitungen zuerst vermeldeten. Die Personensicherheitsprüfung (PSP) sei ein Hindernis gewesen – also die Eignungskontrolle des Bundesrats, von manchen Inquisition genannt. Topbeamte müssen vor Antritt eines Postens alles über ihr Privatleben preisgeben, um mögliche Erpressungen zu verhindern. 

Konkret bedeutet das: Staatliche Profiler durchleuchten das Privatleben – von Schulden bis zum Liebesleben. Nach Dating-Profilen der Bewerber wird ebenso gefragt wie nach Sex mit Prostituierten.

Seine Vergangenheit lässt ihn nicht los

Greminger bestätigte gegenüber SonntagsBlick, dass er nicht Staatssekretär werde. Zu den Gründen wollte er sich allerdings nicht äussern.

Wie Recherchen zeigen, stehen Gremingers Amtsantritt im VBS unter anderem Geschichten aus seinem Arbeitsumfeld im Weg. So habe er zum Beispiel eine umstrittene Beförderung durchgeboxt: Er soll seiner Ex-Geliebten ein Stipendium am Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik verschafft haben, damit sie ihm von seinem bisherigen Posten in Wien nach Genf folgen konnte. 

Die mutmassliche Vermischung von Privatem und Beruflichem am Arbeitsort Genf wird häufig erwähnt, wenn man sich nach Gremingers Vergangenheit erkundigt. So habe er eine Mitarbeiterin zur Leiterin für den internationalen Sicherheitsdialog befördert, mit der er gemäss mehreren bestens unterrichteten Quellen ein amouröses Verhältnis pflegte.

Das Aussendepartement will die Vorwürfe nicht kommentieren, Greminger selbst schweigt dazu beharrlich.

Solche und ähnliche Geschichten dürfte auch Magistratin Amherd zu hören bekommen haben, bevor Greminger aus dem Rennen stieg. Was allerdings heisst, dass ihr neues Staatssekretariat am 1. Januar die Arbeit ohne einen Chef aufnehmen könnte.

Wie intern zu vernehmen ist, kursiert in der Verwaltung bereits der Name eines nächsten Kandidaten. Es wäre für alle Beteiligten gut, wenn Amherds dritter Versuch klappen würde. 

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