Das will die Mitte nicht auf sich sitzen lassen! Am Samstag hat die SVP den Rücktritt von Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) gefordert. Diese sei mit ihrer Agenda «zu einem Sicherheitsrisiko für die Schweiz geworden», wettert die Volkspartei. Die Rücktrittsforderung: ein äusserst seltener Vorgang in der Schweizer Politik. Eine herbe Provokation.
Darauf haben Mitte-Politikerinnen und Politiker entsprechend heftig reagiert. «Ein bisschen Trump, ein bisschen Bolsonaro, etwas Orban. Hauptsache randalieren», schrieb Nationalrätin Nicole Barandun (56, ZH) auf X. Die Mitte wies den Angriff als «haltlos» zurück: «Der SVP geht es offensichtlich nur um eigene Aufmerksamkeit».
«Nicht einmal als Finanzdirektor zu gebrauchen»
Inzwischen ist die Mitte zum Gegenangriff übergegangen. Ins Kreuzfeuer nimmt sie insbesondere Amherds Vorgänger, SVP-Bundesrat Ueli Maurer (74). Barandun kommentiert die SVP-Kritik an Amherd lakonisch: «So ist es, wenn man den Laden nach den ach so perfekten SVP-Bundesräten übernimmt. Das geht zurück bis Ueli Maurer, und der war - wie man heute weiss - nicht einmal als Finanzdirektor zu gebrauchen.»
Auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister (62) schiesst gegen alt Bundesrat Ueli Maurer. Dieser habe es, im Gegensatz zu Amherd, nicht geschafft, einen Kampfjetkauf an der Urne durchzubringen. «Dafür war er dann später der Meinung, man solle die CS in Ruhe und weiter machen lassen.» Pfisters Fazit: «Der Leistungsausweis von Viola Amherd ist grösser als der mancher ihrer Vorgänger im VBS von der SVP.»
Zur Erinnerung: Mit einer hauchdünnen Mehrheit hatten die Schweizerinnen und Schweizer unter Viola Amherd dem Kauf eines Kampfjets 2020 zugestimmt. Unter Ueli Maurer dagegen ist die Gripen-Vorlage 2014 abgestürzt. Als Finanzminister wiederum war Ueli Maurer mit dem Niedergang der Grossbank CS befasst - und kommt bei der parlamentarischen Untersuchungskommission PUK nicht besonders gut weg.
Ab 1995 war das VBS in SVP-Hand
Besonders betonten Mitte-Vertreterinnen und Vertreter, dass das Verteidigungsdepartement vor Amherds Amtsantritt 2019 jahrzehntelang von SVP-Bundesräten geführt worden war: Ueli Maurer, Guy Parmelin (65), Samuel Schmid (78, ab 2008 bei der BDP) und Adolf Ogi (82) standen an der Spitze des Departementes. Unter dieser SVP-Führung sei die Armee in Grund und Boden gespart worden und man habe «x planlose Projekte verantwortet», schreibt die Aargauer Ständerätin Marianne Binder (66).
Auch Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (60) haut auf Maurer, Parmelin & Co ein: «Beschaffungsflops sind doch grösstenteils unter den VBS-Departementschefs der SVP entstanden», spricht sie einen Blick-Artikel vom Samstag an. Die Blick-Recherche hatte aufgezeigt, wie viele Projekte im VBS schief laufen.
Während sich Mitte und SVP gegenseitig die Schuld an Mängeln im VBS zuschieben, löste die Rücktrittsforderung bei führenden Köpfen aus FDP oder SP keine Reaktionen aus. Weder gingen sie auf die Provokation der SVP ein, noch sprangen sie Amherd zur Seite. Vielleicht sind sie einfach froh, keinen Bundesrat aus den eigenen Reihen an der Spitze des VBS (gehabt) zu haben.