Die wichtigsten Momente des Abstimmungssonntags im Video
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Jubel und Enttäuschung:Die wichtigsten Momente des Abstimmungssonntags

Nach Klimaschutz-Ja
Jetzt kommen neue Abgaben auf den Tisch

Mit dem neuen Klimaschutzgesetz gebe es keine neuen Verbote oder Abgaben, hiess es. Doch nur zwei Tage nach der Abstimmung bringt die Energiekommission trotzdem neue Lenkungsabgaben auf den Tisch.
Publiziert: 23.06.2023 um 17:21 Uhr
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Kaum ist die Abstimmung über das Klimaschutzgesetz gewonnen, wird eine CO2-Steuer wieder zum Thema.
Foto: Sven Thomann

Konfetti! Am Sonntag jubelten die Klimaschützer. Das Klimaschutzgesetz wurde deutlich angenommen. Mit viel Geld soll der Umbau in klimaneutrale Heizungen beschleunigt werden. Das Versprechen war: Im neuen Gesetz gibt es keine Verbote oder neue Steuern. Die SVP hatte im Abstimmungskampf lautstark davor gewarnt.

Doch nur zwei Tage nach der gewonnenen Abstimmung werden neue Abgaben wieder zum Thema. Die Energiekommission des Nationalrats hat am Dienstag einen Vorschlag von Mitte-Präsident Gerhard Pfister (60) gutgeheissen: Alle ausgestossenen Treibhausgase, zum Beispiel CO2 oder Methan, sollen mit einer Steuer belegt werden. Die Einnahmen davon würden komplett an die Bevölkerung und die Wirtschaft zurückerstattet werden – eine sogenannte Lenkungsabgabe.

Schon jetzt gibt es in der Schweiz eine CO2-Abgabe auf Heizöl oder Brennstoff. Neu kämen auch andere Bereiche dazu, etwa auf Treibstoffe oder Flüge.

«Respektlosigkeit»

Der Vorschlag bringt SVP-Nationalrat Michael Graber (42) auf die Palme. «Dass die Energiekommission wieder Lenkungsabgaben zustimmt, ist eine Respektlosigkeit gegenüber dem Volk.» Graber hat die SVP-Kampagne gegen das Klimaschutzgesetz geleitet. «Die Befürworter des Klimaschutzgesetzes haben versprochen, dass es keine neuen Abgaben und Verbote gibt. Es ist dreist, nur zwei Tage nach der Abstimmung wieder Lenkungsabgaben zuzustimmen.»

Obwohl bei Pfisters Vorschlag die Einnahmen aus der Abgabe komplett an die Bevölkerung zurückgehen würden, befürchtet Graber höhere Kosten. «Das ist eine staatliche Umverteilung. Besonders die Landwirte werden unter die Räder kommen. Sie können ihre Treibhausgasemissionen nicht so schnell reduzieren.»

Vorstoss schon länger hängig

Pfister wehrt sich. «Ich habe diesen Vorstoss schon vor einem Jahr eingereicht.» Einen Widerspruch zu den Aussagen vor der Abstimmung über das Klimaschutzgesetz sieht er nicht. «Die Gegner haben nur vor Verboten gewarnt. Eine einzige Steuer würde alle Verbote und Subventionen sowie alle bisherigen Abgaben ersetzen.»

Pfister sieht seinen Vorschlag als Denkanstoss für die Zukunft, nicht als fertiges Konzept. «Es ist wichtig, dass wir offen auch über weitere zukunftsorientierte Lösungsansätze diskutieren können.»

Sogar SP enthielt sich

Auch bei anderen Parteien gibt es Fragezeichen. Die SP habe sich enthalten, bestätigt Fraktionschef Roger Nordmann (50). «Es ist demokratiepolitisch fragwürdig, wenn man nach diesem Wochenende direkt wieder über Lenkungsabgaben spricht.» Er glaubt nicht, dass Lenkungsabgaben vor dem Volk durchkommen. «Das Ja am Sonntag war ein Grosserfolg. Es hat gezeigt, dass Investitionen und zusätzliche Fördergelder der richtige Weg sind und nicht Lenkungsabgaben, ausser vielleicht im Flugbereich.»

Die Kommission scheint sich durchaus bewusst zu sein, welch heisses Eisen sie anfasst. Sie betont, es gäbe keinen Zusammenhang mit der Abstimmung. Es gehe nicht darum, den «bewährten Instrumentenmix abrupt umzustossen». Stattdessen wolle man eine «vertiefte Diskussion» führen.

Dass eine neue Lenkungsabgabe auf CO2 kommt, ist mehr als fraglich. Das Geschäft geht jetzt in die Schwesterkommission des Ständerats. Schon dort dürfte ein Konfettiregen für Pfisters Vorschlag ausbleiben. Spätestens, wenn es um die konkrete Ausarbeitung geht, dürfte der Widerstand deutlich steigen. (bro)

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