Die Schweiz hat sich mit der klaren Zustimmung von 59 Prozent fürs Klimaschutz-Gesetz ausgesprochen – trotz mangelndem Engagement von Energieminister Albert Rösti (55).
Der SVP-Bundesrat hatte vor seiner Wahl in die Regierung an vorderster Front dagegen gekämpft. Zwar hatte der Magistrat am 21. April bei der Medienkonferenz zum Auftakt des Abstimmungskampfs versprochen: «Ich werde mich im Namen des Bundesrats und fürs Parlament im normalen Umfang engagieren, wie das bei einer solchen Abstimmung erwartet wird.» Doch schon damals schränkte er ein: «Das heisst, Auftritte in Deutschschweizer und Westschweizer-TV-Interviews und bei Veranstaltungen.»
Der Fernsehminister
Tatsächlich zeigte sich der Medienminister dem Fernsehen treu ergeben: Albert Rösti sass bei «Gredig direkt» und natürlich stand er in der «Arena»-TV-Sendung zum Klimaschutzgesetz. Auch einen Abstecher zu «Infrarouge» ins welsche Fernsehen RTS machte er.
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Für die SRF-«Rundschau»-Sendung liess er sich sogar über einen längeren Zeitraum begleiten. Zwar verwehrt der Bundesrat unter Röstis Führung der SRG vorerst die Erneuerung ihrer Konzession, genutzt hat der Berner das Fernsehen aber kräftig.
Öffentlichkeitswirksam trat der SVP-Magistrat sonst nur in einem Interview für die Tamedia-Blätter auf.
Ja-Sager hofften vergebens
Dass Rösti den Abstimmungskampf mit angezogener Handbremse führte, irritiert umso mehr, als die anfangs komfortable Zustimmung mit dem Näherrücken des Abstimmungstermins rascher schmolz als unsere Gletscher.
In solchen Situationen suchen Bundesräte für gewöhnlich die Öffentlichkeit. Sie nutzen jede Chance, um das Steuer noch in ihrem Sinn herumzureissen. Nicht so Rösti. Die Befürworter des Klimaschutz-Gesetzes wurden zusehends nervös. Sie hofften stark, der Umweltminister starte eine Medienoffensive. Doch sie hofften vergebens.
«Böswillig!»
Rösti sieht das anders. Er sagt, er habe mit den Befürwortern des Gesetzes in engem Kontakt gestanden und die Aktivitäten abgesprochen. Ihm mangelndes Engagement vorzuwerfen, sei «böswillig».
Nur: Die Leitung des Ja-Komitees äussert sich hier zurückhaltend. Sie freut sich zwar riesig über den Erfolg. Laut der Co-Komiteepräsidentin Michèle Andermatt zeigt das Ergebnis gar, dass künftig weitgehende Klimamassnahmen mehrheitsfähig sind. Bei der Umsetzung des Gesetzes müsse Rösti dann aber beweisen, «dass er in seiner neuen Rolle angekommen ist». Andere Komiteemitglieder sagen hinter vorgehaltener Hand deutlich, dass sie sich mehr Einsatz vom Umweltminister gewünscht hätten.
Hätte Röstis Einsatz geschadet?
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Auch bei der Leitung der Mitte-Partei ist Röstis Zurückhaltung Thema. Vor allem aber hätte die FDP mehr tun müssen. So wäre die SVP mit ihrer Stromfresser-Kampagne nicht über 30 Prozent Nein-Stimmen hinausgekommen, heisst es.
SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (37) hingegen ist nicht unglücklich über Röstis Zurückhaltung: «Herr Rösti hatte beim Klimaschutz keine einfache Ausgangslage», schickt er voraus. Natürlich hätte der Bundesrat noch mehr machen können. «Aber vielleicht wäre es kontraproduktiv gewesen», gibt er zu bedenken.