«Wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen», sagt Erich Muff, Präsident der Offiziersgesellschaft (OG) Panzer. «Wir schlagen uns irgendwie durch. Wir können ja nicht einfach den Bettel hinwerfen. Aber es kann so nicht weiter gehen. Die Politik muss endlich in Material und Fahrzeuge investieren.»
Mitte Dezember hatte Blick berichtet, dass die Armee ihre Schützenpanzer M113 grounden musste. Wegen eines technischen Defekts im Bereich der Antriebswelle hat die Armee die Flotte vorsorglich per sofort mit einem Fahrverbot belegt. Es können Probleme beim Lenken und Bremsen auftreten. Eine Gefahr für Truppe und Dritte.
Soldaten sollen sich Schützenpanzer einfach vorstellen
Das Verteidigungsdepartement (VBS) hatte Ende 2023 versichert, dass Reparaturen und Ersatzteilbeschaffung gestartet seien. Allerdings: Gerade wegen des Ukraine-Kriegs sei der Markt angespannt. Daher sei mit Verzögerungen von einigen Wochen zu rechnen. Die Mitte Januar gestarteten Rekrutenschulen aber seien mit Einschränkungen sichergestellt.
Doch nun muss die Armee auf Blick-Anfrage einräumen, dass die Probleme mit den Schützenpanzern nicht folgenlos sind: Zwar konnten der Truppe dank Ersatzmaterial erste geflickte Fahrzeuge wieder abgegeben werden. Sie werden prioritär in den Rekrutenschulen (RS) eingesetzt. «Die technische Ausbildung auf dem M113 wie Fahren, Funken oder Feuern werden wir in den Rekrutenschulen ohne Abstriche durchführen können», versichert ein Armeesprecher.
Weil aber nur wenige Schützenpanzer bereitstehen, muss die Ausbildung angepasst werden. Anstelle des M113 müssen in Übungen teilweise andere Fahrzeuge herhalten. Nach dem Motto: «Liebe Soldaten, stellt euch vor, das wäre ein Schützenpanzer.» So seien etwa weniger Gefechtsübungen möglich. Den Rekruten fehlt es daher an Training, das sie in den nächsten Jahren in Wiederholungskursen (WK) nachholen sollen.
«Das ist inakzeptabel!»
Das Problem: In den WK sei die Situation noch deutlich schlimmer, wird Panzeroffizier Muff deutlich. «Wir haben schlicht keine Fahrzeuge.» Möglich seien etwa noch Schiessübungen. Andere Bereiche der Ausbildung fallen dagegen aus. «Das Fahren kann nicht trainiert werden; Verschiebungen oder Schutz der Truppe können wir nicht üben», erklärt Muff. «Das ist inakzeptabel!»
Probleme räumt denn auch die Armee ein. So müssten etwa andere Fahrzeuge die M113 zu Schiessübungen hin karren, wo die Schützenpanzer hingestellt und nicht mehr bewegt werden. «Das Ausbildungsniveau in den WK-Verbänden kann somit maximal gehalten werden – mehr nicht», gibt die Armee zu. Das hat Folgen: So könne «die Einsatzbereitschaft mit den Truppenkörpern derzeit nicht erreicht werden».
«Es könnte tatsächlich zum Shutdown kommen»
Das bereitet auch Dominik Knill Sorgen. «Stehen nicht rasch mehr Fahrzeuge zum Einsatz bereit, könnte es tatsächlich zum Shutdown kommen, vor dem der Armeechef gewarnt hat», sagt der Präsident der Schweizer Offiziersgesellschaft. Tatsächlich befürchtet Armeechef Thomas Süssli (57), dass dem Heer wegen akuter Finanzprobleme das Aus droht. So weit ist es noch nicht, aber: «Wir schulden den Soldatinnen und Soldaten modernste Systeme mit hohem Eigenschutz für die Ausbildung und im Ernstfall», betont Knill.
So rasch wie erhofft wird die M113-Flotte aber nicht wieder bereitstehen. Zwar seien die nötigen Ersatzteile über den Rüstungskonzern Ruag bestellt, bis alle Schützenpanzer umgebaut sind, werde es aber bis Mitte 2025 dauern. Bis dahin werden noch viele Soldaten ohne M113 auskommen müssen.