Schweizer Offiziere schlagen Alarm. Die Armee muss ihre Schützenpanzer M113 grounden. Alles steht still! Das gab es wohl noch nie. Wegen eines technischen Defekts im Bereich der Antriebswelle hat die Logistikbasis der Armee die Flotte vorsorglich per sofort mit einem Fahrverbot belegt. Der Defekt könne Probleme beim Lenken und Bremsen auslösen. Eine Gefahr für Truppe und Dritte.
Am Freitag ist das Fahrverbot bisher lediglich Armee-intern kommuniziert worden. Informiert worden seien nur die betroffenen Kommandanten. Auf Anfrage von Blick aber bestätigt die Armee das Grounding.
«Das ist dramatisch»
«Die Logistikbasis der Armee plant aktuell die notwendigen Reparaturen und hat die Ersatzteilbeschaffung ausgelöst», heisst es. Allerdings: Gerade aufgrund des Ukraine-Kriegs ist der Markt derzeit angespannt. Daher ist mit Verzögerungen zu rechnen. Die Armee will die Öffentlichkeit am Montag offiziell informieren.
Innerhalb der Armee wird die Situation als «erschreckend» bezeichnet. Die Lage sei prekär, eine ganze Flotte stehe still. «Bei den Bodentruppen gab es das in dieser Grössenordnung noch nie», sagt Erich Muff, Präsident der Offiziersgesellschaft (OG) Panzer. Über noch 248 Schützenpanzer M113 verfügt die Armee, die nun stillgelegt worden sind. Muff: «Das ist dramatisch.»
Das habe massive Folgen, warnen die Offiziersgesellschaften der Artillerie und Panzertruppen in einer gemeinsamen Mitteilung: «Der M113 ist von zentraler Bedeutung für den Einsatz der Bodentruppen der Schweizer Armee.» Panzersappeure, Artillerie und Panzerbataillone könnten ihren Auftrag nicht mehr erfüllen.
«Das ist erst der Anfang»
«Wie lange dieses Grounding dauern wird, ist heute kaum abzuschätzen», sagt Muff. Denn: Wichtige Ersatzteile seien nicht vorhanden und müssten nun «in extremis» beschafft werden. Das kann dauern – und sehr teuer werden.
Für die Offiziersgesellschaften ist klar: Das Grounding der Schützenpanzerflotte bringt massive Lücken bei den Bodentruppen zum Vorschein. «Die Armee ist über Jahrzehnte kaputtgespart worden. Nun zeigen sich die Folgen immer mehr», sagt Muff. «Und das ist erst der Anfang. Viele Systeme werden seit Jahren übernutzt.»
So dürfe es keinesfalls weitergehen. Das Geld fehle mittlerweile an allen Ecken und Enden. Die Politik müsse endlich den Ernst der Lage erkennen. Die Offiziere appellieren deshalb ans Parlament, die angestrebte Budgeterhöhung wie ursprünglich vorgesehen bis 2030 umzusetzen.
Parlament ringt um höheres Armeebudget
Derzeit ringen National- und Ständerat um die Finanzierung der Armee. Bisher hält der Ständerat am ehrgeizigen Plan fest: Das Militärbudget soll bis 2030 auf 1 Prozent des BIP erhöht werden, von heute 5,5 auf 9,5 Milliarden Franken im Jahr. Der Nationalrat hingegen will diese Frist bis 2035 erstrecken, der Bundesrat ebenfalls. Definitiv entschieden wird diese Woche.
«Was muss noch passieren, bis die Politik endlich den Ernst der Lage erkennt?», pochen die Offiziersgesellschaften auf mehr Mittel. Das Parlament sei dafür verantwortlich, die Truppen mit einsatzbereitem und sicherem Material auszurüsten.
«Die jetzige Situation wirkt sich auch auf die Motivation der Truppen aus», warnt Muff. Bei einer Milizarmee sei das besonders prekär. Schon heute leide die Armee unter den vielen Abgängen. «Wenn wir unseren Soldaten nicht die richtige Ausrüstung geben, laufen sie davon», so Muff. «Geht es so weiter, geht der ganze Laden kaputt.»