Es dürfte ein deutliches Zeichen sein, dass das Parlament mehr als ungehalten ist. Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats (SiK-S) liess Armeechef Thomas Süssli (57) am Donnerstagmorgen eine quälend lange Viertestunde vor verschlossener Sitzungstüre warten. Die neusten Negativschlagzeilen sorgen für grosse Irritation.
Denn die Schweizer Armee steht vor erheblichen finanziellen Herausforderungen. Das musste Armeechef Süssli kürzlich bekannt geben. Die kurzfristige Absage von Veranstaltungen wie der Flugschau «AirSpirit 2024» ist nur ein erster Schritt, um die Geldknappheit zu bewältigen.
Wie Radio SRF am Mittwoch berichtete, handelt es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs. Denn: Der Finanzbedarf für bereits getätigte Rüstungskäufe in den nächsten beiden Jahren übersteigt eine Milliarde Franken. Die Armee steckt im Finanzloch. Radio SRF stützt sich bei seinen Recherchen auf ein Dokument des Armeestabs, das nur wenige Tage alt ist.
Von eigener Finanzplanung abgewichen
Die Ursache für das Milliardenloch liegt laut dem internen Dokument teilweise darin, dass die Armee von ihrer eigenen Finanzplanung abgewichen sei. Bereits vor acht Jahren hatte sie detailliert geplant, wie der Kauf eines neuen Kampfjets und die Verstärkung der Luftabwehr finanziert werden sollten.
Nur: Gemäss SRF wich die Armee ab dem Jahr 2020 von diesem Plan ab. Und zwar indem sie deutlich umfangreichere Rüstungskäufe bewilligte. Dies habe nun zu erheblichen finanziellen Engpässen geführt.
Doch es gibt noch weitere Gründe für die Finanzmisere. Aufgeführt werden etwa höhere Betriebskosten, insbesondere in der Informatik. Aber auch die Teuerung schlägt zu Buche.
Süssli muss sich vor Kommission erklären
Obwohl vor zwei Jahren eine Budgetaufstockung für die Armee geplant gewesen sei, habe der Bundesrat vor einem Jahr entschieden, den Finanzausbau zu bremsen. Das habe zu Verzögerungen bei den zusätzlichen Geldern geführt. Trotzdem hätten Bundesrat und Parlament im letzten Jahr weitere Rüstungskäufe gebilligt, so Radio SRF weiter.
Angesichts der prekären Lage verhandle das Verteidigungsdepartement (VBS) nun mit Rüstungslieferanten über gestreckte Zahlungen. Bereits beschlossene Rüstungskäufe abzubrechen, werde ebenfalls in Betracht gezogen. Diese Option habe bisher als Tabu gegolten, so Radio SRF.
Die Armee werde voraussichtlich erst Stellung zum Finanz-Debakel nehmen, nachdem die sicherheitspolitische Kommission des Ständerats ausführlich zu den Ursachen und Konsequenzen der finanziellen Probleme informiert worden sei. Armeechef Süssli muss sich am Donnerstag vor der Kommission verantworten.
Aus Parlament wird bereits Kritik laut
Die zuständigen Kommissionen wollen bisher nicht im Bilde darüber gewesen sein, wie prekär die Finanzlage der Armee ist. Die Irritation im Parlament ist entsprechend gross. «Es hat nichts darauf hingewiesen, dass hier ein grosses Dilemma besteht», sagt FDP-Ständerat Josef Dittli (66) gegenüber Radio SRF. Die Armee müsse stets den Überblick über das vorhandene Geld haben. «Offensichtlich ist oder war das nicht der Fall»
Auch SP-Ständerätin Franziska Roth (57) urteilt kritisch, denn die Armee habe bereits mehr Geld zur Verfügung als vor wenigen Jahren. Und trotzdem reiche dieses Geld nicht. Es hagelt bereits Kritik. SP-Nationalrat Fabian Molina etwa wirft der Armee-Spitze auf X vor, nicht mit Geld umgehen zu können: «Sie schafft es, bei steigendem Budget ein Milliarden-Loch zu produzieren.»
Für Molina ist klar: Die Armee brauche eine Reorganisation und Fokussierung auf die reale Bedrohungslage. «Und sicher keinen Rappen zusätzliches Geld. Das ist ein Fass ohne Boden.» Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) und Armeechef Süssli dürfen sich in den kommenden Tagen auf einiges gefasst machen. (oco/dba)