Nach Absage populärer Militärshows
Politik schiesst scharf gegen die Armeespitze

Die Armee streicht gleich mehrere grosse Publikumsanlässe – aus Spargründen. Dabei wurde das Militärbudget soeben massiv erhöht. Im Parlament stösst die Armeespitze denn auch auf völliges Unverständnis. Und sogar aus den eigenen Reihen wird Kritik laut.
Publiziert: 29.01.2024 um 12:36 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2024 um 21:11 Uhr
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Nun aber sollen die Jets der Schweizer Armee im Hangar bleiben – aus Spargründen.
Foto: Linda Käsbohrer
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Für FDP-Ständerat Josef Dittli (66) ist es ein klarer Fehlentscheid: «So geht das nicht.» SVP-Sicherheitspolitiker Thomas Hurter (60) spricht davon, «dass Politik und Bevölkerung vor den Kopf gestossen werden». Und auch für SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (55), Präsidentin der Sicherheitskommission, wirft das Vorgehen der Armeespitze viele Fragen auf.

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Die Armee hat alle überrascht. Am Freitag gab sie bekannt, dass sie gleich mehrere beliebte Publikumsanlässe streichen will – aufgrund der «angespannten finanziellen Situation». Das erstaunt. So ist etwa die Flugshow «Air Spirit 24» der Luftwaffe erst im vergangenen Herbst definitiv angekündigt worden. Und seither hat sich die Finanzlage kaum verschlechtert. Im Gegenteil: Im Dezember hat das Parlament das Armeebudget massiv aufgestockt.

Gegenüber der «Tagesschau» von SRF erklärt Armee-Chef Thomas Süssli (57), dass unter anderem die Betriebskosten gestiegen seien. Dass sich eine Absage der Grossanlässe abzeichne, habe man erst vergangenen Mittwoch erkannt und anschliessend entschieden.

«Habt ihr die Planung im Griff?»

Das Parlament aber gibt sich damit nicht zufrieden. Grünen-Ständerat Mathias Zopfi (40) ist vor allem erstaunt. SP-Nationalrätin Sarah Wyss (35) beharrt auf X darauf, dass die Armee künftig pro Jahr 300 Millionen Franken mehr erhalte. Dennoch sage sie Anlässe kurzfristig ab. «Und das soll Vertrauen schaffen?», fragt die Präsidentin der Finanzkommission rhetorisch. «Habt ihr die Planung im Griff?» Schliesslich habe die Armee wegen langwieriger Beschaffungsprozesse über Jahre nicht einmal alle Gelder ausgeben können.

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Die vom Parlament abgesegneten zusätzlichen Gelder würden erst in ein paar Jahren fliessen, hatte die Armee gegenüber Blick argumentiert. Konkrete Einsparungen durch die Streichung der Publikumsanlässe konnte sie bisher allerdings nicht nennen. Klar sei: Ihre Finanzprobleme liessen sich damit nicht lösen, doch es sei ein sichtbarer Schritt.

Schon zur nächsten Sitzung der nationalrätlichen Sicherheitskommission wird der Armee-Chef wohl antraben müssen. Ein entsprechender Antrag ist bereits eingereicht. Die Sicherheitspolitiker zeigen sich irritiert, dass sie nicht vorgängig informiert worden sind. Auch Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) will sich nicht weiter dazu äussern.

«Es wirkt, als wolle man Druck für ein höheres Budget machen»

Für SP-Sicherheitspolitikerin Seiler Graf ist die Argumentation der angespannten Finanzlage nicht plausibel. Für FDP-Sicherheitspolitiker Dittli muss nun das Verteidigungsdepartement (VBS) von Bundesrätin Viola Amherd (61) den Sparentscheid korrigieren. Auch er pocht darauf, dass sich die Sicherheitskommission im Parlament rasch mit dem Thema befasst.

Das sieht SVP-Kommissionskollege Hurter genauso. Immerhin wäre gerade die geplante Flugshow «Air Spirit 24» praktisch fremdfinanziert gewesen. Die Armee spare mit dem Verzicht kaum etwas. «Es wirkt, als wolle man bei Politik und Bevölkerung Druck für ein höheres Budget machen», sagt er. «Deshalb soll dort gespart werden, wo es der Öffentlichkeit wehtut.»

«Früher gab es in jedem Haushalt einen Angehörigen der Armee. Heute sind genau solche Publikumsveranstaltungen ein Ersatz, um die Armee hautnah zu erleben», gibt Hurter zu bedenken. Gerade deshalb seien sie so wichtig. Jetzt streiche man auch das noch. Damit sinke die Akzeptanz der Armee in der Bevölkerung weiter – und auch der Politik. Für Hurter ist «dieses kurzfristige Vorgehen absolut inakzeptabel».

Für den Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz (VMG) sendet der Verzicht auf die Öffentlichkeitsanlässe der Armee gerade aufgrund der angespannten Sicherheitslage in Europa ein «sehr bedenkliches Signal aus». Jeder für die öffentlichen Auftritte eingesparte Franken senke die Sichtbarkeit der Armee, warnt VMG-Präsident Stefan Holenstein. Gerade während der laufenden Budgetdebatten sei die Armee auf Unterstützung der Bevölkerung angewiesen. Der Sparentscheid sei daher falsch.

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