In der Schweiz und in Liechtenstein sind dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Donnerstag innerhalb von 24 Stunden 11'451 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden. Gleichzeitig registrierte das BAG 15 neue Todesfälle und 154 Spitaleinweisungen.
Mantraartig verkündet der Bund seit bald zwei Jahren werktags die neusten Corona-Zahlen. Nicht nur für die Schweiz, sondern eben auch für das Fürstentum Liechtenstein.
Nicht ohne Grund: Das Ländle mit seinen rund 39'000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist eng mit der Schweiz verbandelt. Seit 1923 sind die beiden Staaten über einen Zollvertrag verwaltungsmässig und wirtschaftlich eng verbunden. Der Schweizer Franken gilt als offizielle Währung.
Gerade in der Corona-Pandemie gibt es weitere entscheidende Verknüpfungen: Das schweizerische Epidemiengesetz kommt auch in Liechtenstein zur Anwendung. Und im Gesundheitswesen verfügt es zwar über ein Landesspital, aber über keine Intensivstation – sodass auch hier die Zusammenarbeit über die Grenzen wichtig ist.
Covid-Intensivpatienten in die Schweiz verlegt
Covid-Intensivpatienten werden in Schweizer Spitälern behandelt – etwa in St. Gallen, Grabs SG oder Chur. Im Gegenzug hat das Landesspital auch schon anderweitig Schweizer Patienten übernommen, um die Partnerspitäler zu entlasten.
Die Situation hat sich aber wie überall verschärft. «Es ist derzeit sehr schwierig, einen Platz für Intensivpatienten zu finden», erklärt das liechtensteinische Ministerium für Gesellschaft und Kultur, dem auch das Gesundheitswesen obliegt, gegenüber Blick. «In einzelnen Fällen mussten Patienten sogar nach Zürich verlegt werden.»
Liechtenstein ist denn auch mit dem Koordinierten Sanitätsdienst im Austausch. «Patienten aus Liechtenstein werden gleichberechtigt behandelt und im Notfall werden Patienten schweizweit verlegt.»
Im eigenen Landesspital wurde die normale Covid-Abteilung von 12 auf 25 Plätze aufgestockt. Und so mussten auch in Liechtenstein nicht dringende Eingriffe verschoben werden. «Die Situation ist sehr angespannt, in den letzten Wochen kam das Landesspital an seine Grenzen», heisst es aus dem Ministerium.
Erster Omikron-Fall vor zwei Wochen
Jetzt steht auch in Liechtenstein die Omikron-Welle vor der Tür. Einen ersten bestätigten Fall vermeldete das Fürstentum vor zwei Wochen – mittlerweile sind weitere Fälle hinzugekommen. Per heute Donnerstag verzeichnet es insgesamt 14 Omikron-Fälle.
Die Entwicklung bereitet den Behörden Sorgen. «Überall poppen neue Omikron-Fälle auf – und wir versuchen die Situation mit Contact Tracing und Quarantäne im Griff zu behalten», so das zuständige Ministerium. Immerhin seien die Corona-Fälle insgesamt derzeit rückläufig. «Aber wir stehen noch immer auf einem hohen Niveau.»
Corona-Werte auf Rekordniveau
Tatsächlich vermeldete das Land in den letzten Wochen Rekordwerte. Aktuell liegt die 14-Tage-Inzidenz mit 1580 Fällen auf 100'000 Einwohner über jener der Schweiz mit 1378. Aber deutlich tiefer als etwa die beiden Appenzell.
Die Hospitalisierungsrate hingegen war im letzten Monat fast dreimal so hoch wie in der Schweiz. Die Todesfallrate mehr als doppelt.
2G-Regelung ohne «Plus»
Bei den Corona-Massnahmen orientiert sich das Land grosso modo am westlichen Nachbarn. Letzte Woche hingegen handelte die Liechtensteiner Regierung, noch bevor der Bundesrat die hiesigen Regeln mit 2G-Vorgaben und Homeoffice-Pflicht verschärfte.
Sie fuhr dabei aber einen ähnlichen Kurs: 2G-Regelung mit Maskenpflicht für alle ab 16. Allerdings ohne zusätzliche Testpflicht, also ohne «Plus». Die 2G-Vorgabe gilt auch für private Treffen zu Hause, wenn mehr als zehn Personen dabei sind.
Mit Blick auf die anstehenden Feiertage ruft die Regierung in einer Medienmitteilung vom Donnerstag die Bevölkerung zudem auf, auch bei Feiern im Familienkreis Massnahmen zu ergreifen, um eine Übertragung zu verhindern: «Dazu zählen Abstandhalten, Händewaschen, regelmässiges Querlüften und das Tragen von Masken.»
Maskenpflicht ab 6 statt 12
Im Gegensatz zur Schweiz verzichtet das Ländle auf eine Homeoffice-Pflicht, es bleibt bei einer Empfehlung.
Strenger hingegen ist das Land bei der Maskenpflicht: Schon ab 6 Jahren heisst es in öffentlich zugänglichen Innenräumen «Maske auf» – in der Schweiz erst ab 12.
Ein weiterer Unterschied: Liechtenstein empfiehlt seiner Bevölkerung, FFP2-Masken statt nur Hygiene-Masken zu tragen. «Der Schutz ist einfach viel höher», so die Argumentation des Ministeriums. Mittlerweile würden etwa die Hälfte der Leute FFP2-Masken tragen.
Einen Lockdown wie in Österreich will auch das Ländle möglichst vermeiden: «Schliessungen sind das absolut letzte Mittel, das die Regierung ergreifen möchte.»
Corona-Demos am Montag
Eine Parallele zur Schweiz sind zudem Corona-Demos. Die Massnahmen-Gegner treffen sich meist am Montag in Vaduz. Auch Freiheitstrychler haben schon den Weg dorthin gefunden, ebenso andere Exponenten der Schweizer Corona-Skeptiker wie etwa Kabarettist Andreas Thiel (50). Der Andrang hat aber abgenommen, die offizielle Schätzung der Teilnehmerzahl liegt bei rund 200 Personen.
Die Impfskepsis ist jedoch nur leicht höher als in der Schweiz. Sind hierzulande mittlerweile 67 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft, sind es in Liechtenstein 65,5 Prozent.
Dafür hat das Land beim Boostern ein viel höheres Tempo aufgesetzt: Schon 31 Prozent haben die Auffrischimpfung erhalten, in der Schweiz erst 20,7 Prozent. Das Ziel, wer bis Ende Juni vollständig geimpft war, soll den Booster bis Ende Jahr erhalten, wurde damit bereits erreicht.