«Er wollte das Geld nie dem Staat schenken»
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Martullo zu Blocher-Rente:«Er wollte das Geld nie dem Staat schenken»

Magdalena Martullo greift CVP-Bundesrätin Viola Amherd an
«Sie wollte den Lockdown viel zu lange weiterführen»

SVP-Politikerin Magdalena Martullo-Blocher findet es richtig, dass ihr Vater Christoph Blocher nun seine Millionen-Rente vom Bund abholt. Und sie kritisiert Bundesrätin Viola Amherd für deren Krisen-Management.
Publiziert: 10.07.2020 um 09:54 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2020 um 10:06 Uhr
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Magdalena Martullo-Blocher verteidigt im BLICK-Interview die Bundesratsrente ihres Vaters.
Foto: Thomas Meier
Interview: Sermîn Faki

Eines muss man Magdalena Martullo-Blocher (50) lassen: Die Ems-Chefin und SVP-Nationalrätin versteht es, selbst eine Medienkonferenz zu den Halbjahreszahlen ihres Unternehmens in eine Show zu verwandeln. Auf dem Ems-Gelände wurde eine regelrechte Ferienwelt mit Ems-Produkten aufgebaut. Im Interview mit dem BLICK spricht die Tochter von alt Bundesrat Christoph Blocher (79) über das Ruhegehalt ihres Vaters, die Masken-Debatte und greift CVP-Bundesrätin Viola Amherd (58) frontal an.

Frau Martullo, sprechen wir das Thema der Woche gleich zu Beginn an: Ihr Vater hat nach 13 Jahren Verzicht nun sein Ruhegehalt als alt Bundesrat eingefordert. Es geht um 2,7 Millionen Franken. Finden Sie das richtig?
Magdalena Martullo-Blocher: Mein Vater hat gleich bei der Abwahl gesagt, dass er, wie alle anderen Bundesräte bisher auch, seine Bundesratsrente eines Tages beziehen und das Geld nicht dem Staat schenken werde. Ich verstehe den Sturm im Wasserglas nicht.

Aber er hat auch immer wieder gesagt, dass er das Geld nicht wolle, um unabhängig politisieren zu können. Ist ihm das jetzt nichts mehr wert? Dass er das Geld braucht, ist ja nicht anzunehmen.
Nein. Die Ems-Aktien kauften wir Geschwister damals von ihm. Natürlich will er immer noch unabhängig handeln. Dass er das Geld jetzt will, hat eher damit zu tun, dass die Links-grüne Mehrheit im Parlament jetzt die Steuergelder regelrecht zum Fenster hinauswirft: Ins Ausland, fürs Asylwesen, für neue Sozialleistungen – eine Umverteilung ohne Ende. Völlig egal, was das für den Bundeshaushalt bedeutet und ob die Gelder in der Wirtschaft nicht besser eingesetzt wären.

Dennoch: Dass die Forderung ausgerechnet in der Corona-Krise kommt, hat viele Menschen irritiert. Sie haben grad die Halbjahreszahlen präsentiert – auch die Ems hat die Krise gespürt.
Die Corona-Krise und die Lockdown-Massnahmen haben weltweit die Wirtschaft einbrechen lassen. Gerade wurde bekannt gegeben, dass in der Schweiz immer noch jede und jeder Vierte in Kurzarbeit ist und dass bis Ende nächsten Jahres rund 100'000 Stellen wegfallen. Gerade junge und ältere Personen trifft es hart.

Auf welchem Markt haben Sie die staatlichen Massnahmen am meisten behindert?
Schwierig war es in den USA, die weder Kurzarbeit noch Gleitzeitmodelle kennen. Dort bleiben einem Unternehmen eigentlich nur Entlassungen. In der Schweiz konnten wir glücklicherweise alles über Gleitzeit kompensieren. So bekommen die Mitarbeiter weiterhin den vollen Lohn.

Wenn man nach Indien, Südamerika, Australien schaut, merkt man, dass die Pandemie nicht vorbei ist. Womit rechnen Sie für die Weltwirtschaft?
Das Virus wird uns weiter beschäftigen, solange es keine Impfung gibt. Ich gehe aber davon aus, dass die Länder nicht mehr komplette Lockdowns verhängen werden, sondern dass die Massnahmen viel regionaler getroffen werden. Zum Teil nimmt man Infektionen auch einfach in Kauf – etwa in den USA, wo das Einkommen und der Arbeitsplatz schlichtwegs als wichtiger erachtet werden.

Der amerikanische Weg scheint Ihnen zu gefallen ...
Ich verkaufe auch in Amerika, das ist der grösste Konsummarkt der Welt. Wir sollten alle dankbar sein, wenn die Konjunktur in den USA und China anzieht, dann geht es der ganzen Weltwirtschaft und auch unserer Exportindustrie wieder besser. Während die Europäer aus der Kurzarbeit den Sommerurlaub planen, freuen sich die Amerikaner, wieder einen Job zu haben und krempeln jetzt die Ärmel hoch!

Mehr als die Tochter

Magdalena Martullo-Blocher (50) verdiente sich ihre Sporen zunächst in der Wirtschaft. Nach dem Wirtschaftsstudium an der HSG war sie Produktmanagerin bei Johnson & Johnson, später Marketingleiterin bei Rivella. 2001 trat sie in die Ems-Gruppe ihres Vaters Christoph Blocher (79) ein. Als dieser 2003 in den Bundesrat gewählt wurde, übernahm sie hochschwanger die Leitung des Chemiekonzerns. 2015 wurde sie als Zürcherin für die SVP Graubünden in den Nationalrat gewählt.

Martullo-Blocher lebt mit ihrem Mann Roberto Martullo (58) und den drei gemeinsamen Kindern in Meilen ZH.

Magdalena Martullo-Blocher.
Thomas Meier

Magdalena Martullo-Blocher (50) verdiente sich ihre Sporen zunächst in der Wirtschaft. Nach dem Wirtschaftsstudium an der HSG war sie Produktmanagerin bei Johnson & Johnson, später Marketingleiterin bei Rivella. 2001 trat sie in die Ems-Gruppe ihres Vaters Christoph Blocher (79) ein. Als dieser 2003 in den Bundesrat gewählt wurde, übernahm sie hochschwanger die Leitung des Chemiekonzerns. 2015 wurde sie als Zürcherin für die SVP Graubünden in den Nationalrat gewählt.

Martullo-Blocher lebt mit ihrem Mann Roberto Martullo (58) und den drei gemeinsamen Kindern in Meilen ZH.

Apropos Ferien: Vorübergehend wollten Sie Ihren Mitarbeitern die Feriendestinationen vorschreiben. Nun hat der Bund selbst Risikoländer definiert. Wie gehen Sie damit um, wenn Mitarbeiter dorthin reisen wollen?
Bevor der Bund endlich die Grenzen schloss, definierte er auch schon Risikoländer, zum Beispiel Italien. Wir wollten damals nicht, dass unsere Mitarbeiter dort Ferien machen. Das Risiko, dass nach der Rückkehr der ganze Betrieb oder die Region angesteckt wird, nehmen wir ernst. Aktuell empfehlen wir Mitarbeitern, nicht in die Risikoländer zu reisen. Laut Bund müssen sie dann in eine unbezahlte Quarantäne. Wenn jemand unbedingt reisen muss, zum Beispiel wegen eines Todesfalls in der Familie, dann finden wir aber sicher eine Lösung, mit Homeoffice oder so. Aber dass man jetzt einfach zum Partymachen hinfährt – dafür habe ich wenig Verständnis.

Und wo verbringen Sie Ihre Ferien?
Wie jedes Jahr verbringen wir den Sommer in unserem Haus in der Lenzerheide. Das ist ein bisschen wie auf der Alp, sehr erholsam. Und da kann ich dann auch gleich den neuen Sessellift ausprobieren, der dank Ems-Kunststoffen so viel leichter ist. Auf den Berg zu fahren und dann durch blühende Alpwiesen runterzuwandern ist einfach wunderschön!

Camping ist nicht so Ihr Ding? In vielen Outdoor-Produkten steckt ja auch Ems.
Als ich jünger war, habe ich einmal am Lago Maggiore gezeltet. Da gab es dann eine Riesen-Überschwemmung. Seitdem meide ich das Zelt. Aber ich bin ohnehin mehr der Berglertyp.

Kommen wir zum Thema Masken: Sie selbst waren wohl die erste Schweizerin, die Maske getragen hat.
Ja, und ich wurde sofort aus dem Nationalratssaal geworfen. Corona war den Leuten noch nicht bekannt, und man dachte, ich wolle mit der Maske Aufmersamkeit erregen. Das habe ich aber wohl kaum nötig …! Der Bund und Ems hatten damals schon eine Abstandsregel und diese wurde im Nationalratssaal überhaupt nicht eingehalten. Schon dann rechnete ich damit, dass der Bund, der die Masken so verteufelte, später wohl oder übel diese empfehlen oder sogar vorschreiben müsste. Tragisch.

Der Bund hat Masken erst im Juni empfohlen.
Kein Wunder: Monatelang hat er die Masken als unnütz bezeichnet, nur weil er keine hatte – da war eine glaubwürdige Kehrtwende schwierig. Ich bin überzeugt: Hätte man schon Anfang März Abstand, Masken und Grenzschliessungen konsequent durchgesetzt, hätten wir keinen Lockdown gebraucht. Der Bundesrat hat hier schwerwiegende Fehler gemacht. Viele internationale Firmen, auch Ems, boten dem Bund an, Masken für ihn zu besorgen. Er reagierte über Wochen nicht einmal.

Nun musste der Bund Masken wegen Schimmel zurückziehen ...
Ja, wir empfehlen ihm unseren antibakteriellen Kunststoff für Ventilatoren. Die
wurden auch in Wuhan dagegen eingesetzt.

Später haben Sie Coiffeure mit Masken beliefert ...
... auch Spitäler, den Detailhandel und das Gewerbe haben wir über Wochen versorgt. Interessanterweise waren die ersten, die wir mit FFP2-Masken beliefert haben, die Fleischindustrie im Tessin. Erst jetzt mit den Fällen in Deutschland und Österreich habe ich erkannt, wie kritisch diese Industrie betreffend Corona ist. Insgesamt haben wir rund sechs Millionen Masken in die Schweiz geholt und zu Selbstkosten verteilt. Das war nicht immer so einfach – der Bund hätte das einfacher gekonnt.

Was war denn so schwierig?
Die Flüge waren ein Problem. Frachtflugzeuge mit Masken sind plötzlich an Orte geflogen, die nicht vorgesehen waren. Unsere Coiffeurmasken haben wir in Russland wieder aufgespürt – und zum Glück dann sicher in die Schweiz gebracht. Transporte, Abfertigung und Verzollung waren meist abenteuerlich. Zum Glück hat es aber am Schluss immer geklappt. Das war vor allem für die Coiffeure wichtig, die plötzlich kurzfristig öffnen durften. Da musste es schnell gehen.

Wir wissen von Coiffeuren, die gar nicht zufrieden waren – die Lieferung dauerte viel zu lange und es war teurer als bei anderen.
Das waren nicht unsere Lieferungen. Die Post hat uns unterstützt, sodass alle Pakete am nächsten Tag vor 9 Uhr ankamen. Das haben alle sehr geschätzt. In der Schweiz gab es aber viele Anbieter, die Bestellungen annahmen und nicht liefern konnten. Wie hatten innerhalb weniger Tagen bereits einen Drittel aller Salons mit Masken ausgerüstet.

Zeigt das, dass man solche Beschaffungen lieber den Unternehmern überlässt? Die Masken-Maschinen, die Bund und Kanton Zürich beschafft haben, laufen immer noch nicht.
Ja, sicher! Aber für mich kam eine eigene Produktion nicht in Frage. Dass in der Schweiz konkurrenzfähig Masken produziert werden können, bezweifle ich. Und es gab ja Masken, man musste sie nur kaufen und herbringen! Aber Verwaltungen sind schwerfällig und für Krisensituationen nicht geeignet. Sie haben immer Angst vor Fehlentscheiden und wollen sich überall absichern. Es wäre sinnvoll gewesen, wenn mehr Bundesräte auf die Wirtschaft gehört hätten, so wie Ueli Maurer und Guy Parmelin, die mit der Basis immer in engem Austausch standen. Alain Berset aber hatte allein die Gesundheit im Blick.

Welcher Bundesrat hat es aus Ihrer Sicht denn besonders schlecht gemacht?
Ganz klar Viola Amherd. Sie war für die Beschaffung von Schutzmaterialien verantwortlich. Und sie wollte den Lockdown viel zu lange weiterführen – ausgerechnet als Walliserin, der doch auch der Tourismus am Herzen liegen müsste.

Auch Guy Parmelin hat lange nicht geliefert – etwa bei den Geschäftsmieten und dem Erwerbsersatz für Selbstständige.
Das stimmt doch überhaupt nicht! Guy Parmelin hat sich unermüdlich für eine schnelle Rückkehr aus dem Lockdown eingesetzt, Woche für Woche. Und das Wirtschaftsdepartement ist bei der Beschaffung der Masken und Beatmungsgeräte eingesprungen, als die anderen Stellen nicht gehandelt haben. Und was die Selbstständigen betrifft: Ein Unternehmer trägt auch unternehmerisches Risiko. Die Selbstständigen sind eigentlich nicht versichert. Dass sie entschädigt werden, ist deshalb nicht selbstverständlich. Es war aber hier sicher richtig, dass der Bund für seine rigorosen Schliessungsmassnahmen eine Art Schadenersatz zahlt.

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