Christoph Blocher (79) wurde schwach. 13 Jahre nach seiner Abwahl fordert der Milliardär seine Bundesratsrente ein. Rückwirkend soll ihm der Staat über 2,7 Millionen Franken zahlen. Und das, obwohl Blocher in der Vergangenheit gern betonte, bewusst aufs Geld zu verzichten. «Ich will nicht abhängig sein vom Bund», so seine Begründung.
Es ist unklar, was den Ex-Magistraten zur Kehrtwende bewegt hat. Blocher gibt sich wortkarg. Allerdings: Es ist nicht das erste Mal, das der alt SVP-Bundesrat seine Meinung ändert. 2008 gab er in einem Interview zu Protokoll, dass er wohl von der Rente Gebrauch machen werde, sollte er einmal Anrecht darauf haben. Sonst «geben sie den Chlotz in Bern für Dümmeres aus».
Finanzdelegation schaut Blocher auf die Finger
An diese Worte hat sich Blocher nun offenbar erinnert. Es ist das erste Mal, dass ein ehemaliger Bundesrat seine Rente rückwirkend beziehen will. Deshalb muss, nachdem der Bundesrat bereits Ja gesagt hat, auch noch die Finanzdelegation (FinDel) grünes Licht geben.
Diese will Blocher nun ganz genau auf die Finger schauen – beziehungsweise aufs Konto. Man werde den Entscheid des Bundesrats sicher nicht einfach abnicken, sondern Blochers Antrag nochmals vertieft prüfen, sagt FinDel-Präsident Peter Hegglin (59). «Wenn die Bundeskanzlei das nicht bereits getan hat, werden wir von Blocher die relevanten Unterlagen verlangen.» Dazu würden wohl auch Steuerauszüge gehören. Hegglin ist überzeugt: «Das schulden wir der Öffentlichkeit.» Schliesslich gehe es um einen Präzedenzfall.
Reformversuche scheiterten
Hegglin, ehemaliger Zuger Finanzdirektor, sieht die Bundesratsrenten kritisch. Erst letztes Jahr hat er einen Vorstoss zum Thema eingereicht. Er fordert, dass geprüft wird, wie man das System grundlegend umkrempeln könnte. Heute haben alle ehemaligen Regierungsmitglieder lebenslangen Anspruch auf die Hälfte des Bundesratslohns, sofern sie mindestens vier Jahre im Amt waren. Verdienen sie nach ihrer Zeit im Bundesrat mehr als die rund 225'000 Franken pro Jahr, wird das von der Rente abgezogen.
Reformvorschläge haben es allerdings schwer. Schon mehrfach wurden Anläufe gestartet, um das System zu ändern. Die einen versandeten, die anderen wurden abgeschmettert. Nebst der SVP findet sich im Parlament kaum jemand, den das heutige System wirklich stört. Schliesslich hoffe manch einer, irgendeinmal selbst in den Genuss zu kommen, sagt SVP-Nationalrat Thomas Burgherr (57) augenzwinkernd.
«Kein Bundesrat muss am Hungertuch nagen»
Der Aargauer hat 2017 einen Reformvorschlag auf den Tisch gelegt. Statt eine lebenslange Rente zu erhalten, sollten die Magistraten während der Amtszeit wie die Bundesangestellten in der Pensionskasse des Bundes versichert werden. Doch der Nationalrat lehnte den Vorstoss ab.
Burgherr will es nun ein weiteres Mal probieren. Nicht wegen Blocher, wie er betont, sondern wegen der Corona-Krise. «Wir müssen sparen. Auch bei den Bundesratsrenten.» Diese seien zudem völlig aus der Zeit gefallen – kein alt Bundesrat müsse heute am Hungertuch nagen. Zudem: Jeder normale Bürger könne aufs RAV, wenn er arbeitslos werde. Burgherr findet: «Auch ein Bundesrat kann stempeln gehen.»