Auf einen Blick
- Eigenmietwert-Abschaffung: Showdown im Ständerat
- Widerstand von Energielobby und Gebäudebranche
- Kritik: Wegfall von Steuerabzügen könnte energetische Sanierungen und Klimaziele gefährden
Es ist der Showdown nach einem jahrelangen Kampf. Am Donnerstag entscheidet der Ständerat über die Abschaffung des Eigenmietwerts. Jahrelange waren die Versuche gescheitert, die unbeliebte Steuer abzuschaffen. Jetzt scheint die Lösung in Reichweite. Doch «auf der Zielgerade» – wie es die zuständige Kommission in einer Medienmitteilung schrieb – gibt es Widerstand: von der Energielobby und der Gebäudebranche.
Wird der Eigenmietwert gestrichen, gibt es keinen Steuerabzug beim Gebäudeunterhalt. «Es ist ein Fiasko», sagt Stefan Batzli, Geschäftsführer des Dachverbands der Wirtschaft für erneuerbare Energien (AEE). «Wenn der Steuerabzug fällt, wird niemand mehr sein Gebäude energetisch sanieren. Das ist aber nötig, um die Klimaziele zu erreichen und die Energieversorgungssicherheit gerade im Winter zu stärken.»
«Das ist ein Kahlschlag gegen das Klima»
In den vergangenen Jahren ist der CO2-Ausstoss im Gebäudebereich gesunken. Dafür verantwortlich seien verbesserte Isolationen, die energetischen Sanierungen alter Häuser und der Heizungsersatz, hält das Bundesamt für Umwelt fest. «Nur schon die Sanierung der Gebäudehülle kostet einen sechsstelligen Betrag. Wenn man keinen Steuerabzug machen kann, werden viele Leute darauf verzichten.»
Nicht nur beim Eigenmietwert droht Gefahr. Im Zuge des Sparprogramms plant der Bundesrat, das Gebäudeprogramm abzuschaffen. Dort gibt es bislang finanzielle Unterstützung bei energetischen Sanierungen. «Das ist ein Kahlschlag gegen das Klima», sagt Batzli. «Das Volk hat sich mit dem Ja zum Klimaschutzgesetz zum Netto-Null-Ziel bekannt. Doch so werden wir das nicht erreichen. Es braucht die nötigen Instrumente.»
Auch aus der Gebäudebranche kommt Kritik an der Abschaffung des Eigenmietwerts. In einem Brief an die vorberatende Kommission warnten 16 Verbände, darunter jene der Metallbauer, Gebäudetechniker oder der Schreiner. Es brauche mehr Anreize, damit mehr saniert werde, sagt Peter Meier vom Dachverband der Schweizer Bauwirtschaft.
Er befürchtet zudem, dass es zu mehr Schwarzarbeit kommt. «Wenn niemand mehr eine Rechnung braucht, ist die Gefahr gross, dass dubiose Handwerker die Arbeit unter der Hand am Samstag oder Sonntag erledigen», sagt Meier. «Das ist gefährlich und hätte Ausfälle bei den Sozialleistungen und der Mehrwertsteuer zur Folge.»
Die Gebäudebranche unterstütze grundsätzlich die Abschaffung des Eigenmietwerts. «Aber wenn der Ständerat am Donnerstag die Vorlage verabschiedet, müssen wir in einem anderen Gefäss neu über die Abzüge diskutieren, sodass diese so schnell wie möglich wieder erlaubt werden.»
Ob das möglich ist, ist jedoch fraglich. AEE-Geschäftsführer Batzli glaubt nicht daran. «Wenn der Systemwechsel einmal gemacht ist, gibt es kaum mehr Anreize, Teile davon wieder einzuführen.»
«Viele unserer Kunden verlangen vor Ende Jahr noch eine Teilrechnung»
Auch die Maler und Gipser sind skeptisch. «Viele unserer Kunden verlangen vor Ende Jahr noch eine Teilrechnung, damit sie den Steuerabzug machen können», sagt Verbandsdirektorin Silvia Fleury. «Wenn die Sanierungen ausbleiben, sähe unser Gebäudepark bald nicht mehr schön und gepflegt aus.»
Eigeninteressen aufgrund wegfallender Aufträge verhehlt sie nicht. «Aber ein riesiges Problem wäre auch die Schwarzarbeit, die zunehmen würde. Das schadet auch dem Staat und somit uns allen.»
«Wer sein Haus umbaut, will gute Qualität»
Brigitte Häberli-Koller (66) ist Mitte-Ständerätin und Vizepräsidentin des Hauseigentümerverbands. Der Eigenmietwert ist für sie ein Ärgernis. «Er sorgt dafür, dass ältere Leute, die ihr Haus schon lange abbezahlt haben, es sich nicht mehr leisten können und ausziehen müssen.» Die Abschaffung sei darum richtig.
Angst, dass weniger saniert wird, hat Häberli-Koller nicht. «Die Hauseigentümer haben ein Interesse an einem gut ausgerüsteten Gebäude. Mit Solarpanels und einer guten Dämmung sparen sie schliesslich Geld.» Dass die fehlenden Abzüge zu mehr Schwarzarbeit führen, glaubt die Mitte-Ständerätin nicht. «Wer sein Haus umbaut, will gute Qualität. Das liefert das Gewerbe.»
Vieles ist noch offen, wenn der Ständerat am Donnerstag entscheidet. Auch aus den Bergkantonen kommt Widerstand; zudem stellt sich der Mieterinnen- und Mieterverband gegen die Vorlage. Die finanziellen Auswirkungen seien zu hoch. Die jahrelange Debatte könnte also noch weitergehen.