Auf einen Blick
- Das Parlament streitet seit Jahren über die Abschaffung des Eigenmietwerts
- Nun zeichnet sich eine Lösung ab
- Geschäft kommt in die Wintersession
Der jahrelange Streit um die Abschaffung des Eigenmietwerts könnte bald ein Ende haben. Die zuständige Ständeratskommission will einem Kompromissvorschlag des Nationalrats zustimmen, der einen vollständigen Systemwechsel vorschlägt.
Lange Zeit waren sich die beiden Räte nicht einig darüber, ob der Eigenmietwert auch bei Zweitwohnungen abgeschafft werden soll. Der Nationalrat war dafür, der Ständerat dagegen – zumindest bis jetzt. Nun zeichnet sich eine Lösung ab.
Objektsteuer auf Zweitwohnungen
Mit 9 zu 4 Stimmen hat sich die Wirtschaftskommission des Ständerats für einen vollständigen Systemwechsel ausgesprochen, wie die Parlamentsdienste am Dienstag mitteilten. Die Bedingung dafür sei, dass für Kantone gleichzeitig die Möglichkeit zur Erhebung einer Objektsteuer auf Zweitwohnungen geschaffen werde.
Einer entsprechenden Verfassungsgrundlage stimmte der Nationalrat bereits zu. Die Wirtschaftskommission beantragt mit 8 zu 4 Stimmen, diesem Entscheid zu folgen. Mit einer Klausel will die Ständeratskommission sicherstellen, dass beide neuen Bestimmungen gleichzeitig in Kraft gesetzt werden.
Das Geschäft könnte in der Wintersession bereinigt werden – nach jahrelangem Hin und Her. Schon zwei Mal scheiterten Vorlagen zur Abschaffung des Eigenmietwerts an der Urne und schon mehrmals im Parlament. 2017 startete die ständerätliche Wirtschaftskommission einen neuen Anlauf. Das daraus resultierende Bundesgesetz über den Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung wird seit drei Jahren im Parlament behandelt.
Mehr zum Eigenmietwert
Vor der dritten Beratung im Ständerat zeichnet sich in zwei Kernpunkten der Vorlage eine Einigung ab. Die Abschaffung des Eigenmietwerts soll demnach auch Zweitliegenschaften und nicht nur den Erstwohnsitz umfassen. Gleichzeitig soll eine besondere Liegenschaftssteuer auf Zweitliegenschaften geschaffen werden.
Das soll den betroffenen Kantonen – insbesondere in Berg- und Tourismusregionen – die Möglichkeit geben, die Einnahmeneinbussen kompensieren zu können, die infolge eines vollständigen Systemwechsels bei der Eigenmietwertbesteuerung zu erwarten sind. Bei einem Ja des Parlaments müssten Volk und Stände dem Bundesbeschluss zustimmen, damit dieser in Kraft treten könnte.
Schuldzinsenabzug beschränkt
Bis zum Durchbruch der Vorlage braucht es auch in einem zweiten zentralen Punkt eine Einigung: beim Schuldzinsenabzug. Heute werden Schuldzinsen im Umfang der steuerbaren Vermögenserträge und weiterer 50'000 Franken zugelassen.
Gemäss bisherigem Beschluss der kleinen Kammer sollen künftig noch Abzüge bis zu 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge zulässig sein. Der Nationalrat hatte zunächst einen Abzug privater Schuldzinsen in Höhe von 40 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge unterstützt.
Nun steht auch hier eine Kompromisslösung im Vordergrund. Die Wirtschaftskommission möchte mit 6 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen dem neuen Konzept des Nationalrats folgen. Dieser hatte sich im Sommer für die Anwendung der quotal-restriktiven Methode ausgesprochen. Dabei ergibt sich die Höhe des Schuldzinsenabzugs aus der Quote von unbeweglichem Vermögen am Gesamtvermögen.
Hunderte Millionen weniger Steuern
Laut Finanzministerin Karin Keller-Sutter beliefen sich die Steuerausfälle für den Bund bei dem vom Nationalrat beschlossenen Weg auf rund 430 Millionen Franken. Mit der bisherigen Lösung des Ständerats wären demnach Mindereinnahmen von rund 610 Millionen Franken zu erwarten.
Der Hauseigentümerverband (HEV) – der den vollständigen Systemwechsel seit Jahren propagiert - sprach sich zuletzt gegen den vom Nationalrat beschlossenen Kompromissvorschlag beim Schuldzinsenabzug aus. Dieser sei «äusserst kompliziert und administrativ aufwendig», hiess es.
Auch plädierte der HEV dafür, zunächst nur den Eigenmietwert für das selbstgenutzte Wohneigentum am Hauptwohnsitz abzuschaffen. Ansonsten würde das Projekt weiter verzögert. Die Differenzbereinigung dürfte also doch noch zu reden geben.
Sowohl bezüglich der Zweitliegenschaften als auch bezüglich des Schuldzinsabzugs liegen im Ständerat Minderheitsanträge auf Festhalten vor. Eine weitere Minderheit beantragt ausserdem, nicht auf den Bundesbeschluss zur Schaffung einer Objektsteuer auf Zweitliegenschaften einzutreten.