Kommentar zur Ukraine-Krise
Die Schweiz muss aufhören, sich bei Putin anzubiedern

Unser Land ist für Russland als Finanzplatz und als Drehscheibe des Rohstoffhandels von geradezu existenzieller Bedeutung. Mit dieser einträglichen Liebedienerei zu Putins Russland muss es ein Ende haben.
Publiziert: 19.02.2022 um 15:41 Uhr
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Aktualisiert: 22.11.2022 um 16:05 Uhr
Gier Cavelty ist Chefredaktor beim SonntagsBlick.
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Gieri CaveltyKolumnist SonntagsBlick

Seit 2008 gilt die Ukraine offiziell als Nato-Beitrittskandidatin. Ist das ein Grund für Russland, sich 2022 provoziert zu fühlen? Oder verhält es sich viel mehr so: Wäre das drohende Unglück den Menschen in der Region erspart geblieben, wenn die Nato vor 14 Jahren Nägel mit Köpfen gemacht und die Ukraine aufgenommen hätte? Gegen ein Mitglied der Militärallianz hätte Moskau keinen Krieg gewagt.

In der Auseinandersetzung zwischen Russland und der westlichen Welt lässt sich sehr vieles aus sehr verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Der frühere US-Präsident Obama nannte Russland herablassend eine «Regionalmacht». Haben er und andere das ramponierte Imperium womöglich allzu heftig beleidigt und auf diese Weise gegen sich aufgebracht? Oder waren die Europäer viel zu nachsichtig, indem sie Russland zwar gelegentlich mit dem Zeigefinger drohten, am Ende aber eben doch Unmengen an Gas importierten und immer schön darauf achteten, dass der Rubel rollt?

Putin hat Demokratie und Rechtsstaatlichkeit immer verhöhnt

In der Auseinandersetzung zwischen Russland und der westlichen Welt lässt sich sehr vieles aus sehr verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Im jetzigen Ukraine-Konflikt jedoch gibt es keinen Spielraum für Interpretationen: Verantwortlich ist allein Russlands Präsident Wladimir Putin. Der einstige KGB-Agent hat Demokratie und Rechtsstaatlichkeit immer verhöhnt. Er ist ein Mann der Gewalt, der den exzessiven Nationalismus in seinem Land über Jahre befeuert und jetzt an den Rand der Explosion gesteigert hat. Was auch immer sich in den kommenden Tagen zutragen wird: Man kann nicht mehr als 100'000 Soldaten vor der Grenze zur Ukraine aufmarschieren lassen, ohne Gefahr zu laufen, dass irgendein Funke das Pulverfass in die Luft jagt.

Als Russland 2014 die Krim annektierte, versuchte sich der damalige Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter vergeblich als Vermittler zwischen den Parteien. Diese Friedensmission war denn auch der offizielle Grund, weshalb sich die Schweiz praktisch jede Kritik an Russland verkniff. Diesmal aber kommt die Schweiz nicht umhin, Stellung zu beziehen. Denn natürlich ist sie nicht einfach eine selbstlose Helferin: Unser Land ist für Russland als Finanzplatz und als Drehscheibe für den Rohstoffhandel von nachgerade existenzieller Bedeutung. Umgekehrt sah und sieht Bundesbern in einer möglichst engen Beziehung zu Moskau (ebenso wie zu Peking) allen Ernstes eine strategische Alternative zu einer Annäherung an die EU. So ist heute noch auf der Website des Aussendepartements zu lesen: «Russland ist ein grosser Markt mit viel Potenzial für Schweizer Unternehmen.»

Mit dieser einträglichen Liebedienerei zu Putins Russland muss es ein Ende haben.

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