Angeblicher Truppenabzug – ETH-Sicherheitsexperte Mauro Mantovani erklärt, was dahintersteckt
Täuscht Putin hier die ganze Welt?

Die Welt atmete auf, als Putin am Dienstag einen Truppen-Teilabzug von der ukrainischen Grenze ankündigte. Das Manöver könnte aber Taktik sein. Experten bleiben jedenfalls pessimistisch.
Publiziert: 16.02.2022 um 19:28 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2022 um 18:22 Uhr
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Angeblich auf dem Rückweg nach Russland: Putins Panzer nach einem Manöver in Belarus.
Foto: AFP
Guido Felder

Ist die Gefahr eines Krieges gebannt? Russlands Truppen ziehen sich von der ukrainischen Grenze teilweise zurück. Auch von der annektieren Halbinsel Krim werden Soldaten über die neue Krim-Brücke in Richtung russisches Festland abgezogen.

Doch Mauro Mantovani (58), Dozent für strategische Studien an der Militärakademie der ETH Zürich, bleibt pessimistisch. Gegenüber Blick sagt er: «Russland hat militärische Kräfte in Stellung gebracht, die weiterhin sogar grössere Operationen in der Ukraine erlauben.»

Auch auf diplomatischer Ebene seien die Positionen völlig verhärtet. «Die wachsende Zuwendung der Ukraine zum Westen tangiert russische Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen im Kern. Die Zeit läuft gegen Putin», sagt Mantovani.

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Alles nur Täuschung?

Russlands Rückzugsbewegungen könnten eine Finte sein. «Wir stehen in einem intensiven Propagandakrieg, in dem es um die Gunst der Öffentlichkeit geht. Nachdem die USA einen russischen Angriff auf Mittwoch vorhergesagt hatten, war es naheliegend, dass die Russen diese Prognose diskreditieren.»

Dass die US-Geheimdienste ihre Erkenntnisse überhaupt so offensiv publik machten, sei mit Kalkül passiert. Mantovani: «Man will den Russen zeigen: Wir beobachten euch intensiv. Wenn es zum Krieg kommt, seid ihr die Aggressoren. Zudem will man damit die Reihen der europäischen Verbündeten schliessen.»

Putin hat laut Mantovani bisher einen Teilsieg errungen. Er habe sich diplomatisch auf Augenhöhe mit dem Westen präsentieren können und eine Zusage für Verhandlungen über vertrauensbildende Massnahmen im militärischen Bereich erhalten.

«Das dürfte ihm aber nicht genügen», ergänzt Mantovani. Putin wolle eine Lösung zu seinen Konditionen. Und zu diesen Konditionen gehöre, dass die Ukraine in der russischen Einflusssphäre verbleibe.

Auch Nato-Chef verhalten optimistisch

Für Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (62) war der Rückzug am Dienstag «Grund zu vorsichtigem Optimismus». Gleichzeitig betonte er aber, dass es nur dann ein Zeichen von Deeskalation sei, wenn auch Kriegsgerät abgezogen würde.

Am Mittwoch sagte Stoltenberg: «Bislang haben wir vor Ort keine Deeskalation gesehen, im Gegenteil: Russland scheint den Militäraufmarsch fortzusetzen.» Russland habe seine Truppen immer vor- und zurückbewegt.

Am Mittwoch und Donnerstag treffen sich in Brüssel die Verteidigungsminister der 30 Nato-Staaten. Stoltenberg sagte hoffnungsvoll, dass Russland zwar in und um die Ukraine Kampftruppen angesammelt habe wie noch nie seit dem Kalten Krieg, es aber noch genügend Zeit für eine friedliche Lösung des Konflikts gebe.


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