Wer mit dem Auto aus den Ferien im Tessin zurückkehrt, steht in diesen Tagen oftmals im Stau. Viele weichen deshalb von vornherein auf den Zug aus. Doch auch dort brauchen Reisende nach dem Unglück im Gotthardtunnel starke Nerven.
«Aufgrund der Umleitungen über die Bergstrecke, des Ferienrückreiseverkehrs sowie der am Wochenende stattfindenden Street Parade wird es zu stark belegten Zügen kommen», erklärten die SBB. Fahrgäste müssen mit Stehplätzen rechnen.
Ungenutzte Slots bleiben frei
Doch schon vor der Entgleisung Wie die «NZZ» schreibt, fahren ab dem Fahrplanwechsel im Dezember mindestens 66 Züge pro Tag. Damit sei die Kapazitätsgrenze grundsätzlich erreicht, bestätigt ein SBB-Sprecher der Zeitung.
Kurzfristige Verstärkungen – wie sie die SBB zum Beispiel an Ostern oder im Sommer einsetzen – würden weiterhin geprüft. Dann könnten immerhin bis zu 70 Passagierzüge auf der Nord-Süd-Strecke fahren.
Wie die SBB pünktlicher werden soll
Theoretisch wäre noch mehr möglich: Rund zwei Drittel der Kapazität seien für den Warentransport also Güterzüge reserviert. Diese werden jedoch nicht ausgereizt: Von den maximal möglichen 260 Güterzügen pro Tag fahren unter der Woche 100 bis 130 Züge, wie die «NZZ» schreibt. Die freien Kapazitäten für den Personenverkehr zu nutzen, geht aber nicht. Die Trassen auf der Strecke müssten lange vor dem Fahrplanwechsel beantragt werden. Die Güterzüge können jedoch nur kurzfristig planen. Deshalb müssen ungenutzte Slots frei bleiben. Nun ist die Strecke aber bis kommenden Mittwoch gesperrt.
Sorgen auch auf der Autostrecke
Der Gotthard wird somit noch mehr zum helvetischen Sorgenkind: Auch die Strassen sind gerade in der Sommerzeit chronisch überlastet. So führte der Ferienverkehr am vergangenen Sonntag zu Wartezeit von zeitweise mehr als eineinhalb Stunden, im Süden maximal eine Stunde und 20 Minuten. Gab es 2012 noch knapp 600 Staustunden auf der A2, waren es im Jahr 2022 bereits 1800. Die Tendenz ist steigend.
Stau am Gotthard
Politiker wie der Mitte-Nationalrat Simon Stadler (35) fordern deshalb eine Gotthard-Maut für Autofahrer. «Die Zustände sind nicht mehr tragbar für die Menschen im Kanton Uri», sagt Stadler. Das Problem seien jene, die in Göschenen, Amsteg oder Erstfeld die Autobahn verlassen, um den Stau zu umfahren – und dann die Dörfer verstopfen.
Ob sein Vorstoss jedoch Erfolg hat, ist fraglich. Die Tessiner Kantonsregierung will davon nichts wissen. Eine Strassengebühr sei keine effiziente Massnahme zur Reduktion des Verkehrsaufkommens und zur Stauvermeidung. (bro)