Kanton Zug plant Not-Szenario für Energiekrise
Kein Strom, keine Schule!

Der Kanton Zug plant bereits ein Notfallszenario für die Schulen, falls es zu einem längeren Stromausfall kommt. Dann sind Schulschliessungen und Fernunterricht kein Tabu. In anderen Kantonen macht man sich ebenfalls Gedanken über die Problematik.
Publiziert: 01.11.2022 um 16:38 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2022 um 17:37 Uhr
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Leere Schulzimmer kennt man aus der Corona-Pandemie. Nun könnte ein allfälliger Energiemangel wieder zu Schulschliessungen führen.
Foto: keystone-sda.ch
Ruedi Studer

Die Schulschliessungen während der Corona-Pandemie sind vielen noch in schlechter Erinnerung. Doch nun könnte auch die Energiekrise für verwaiste Schulhäuser sorgen.

Der Kanton Zug sieht jedenfalls in einem Notfallszenario vor, bei einem längeren Stromausfall die Schulen zu schliessen. Letzte Woche hat der Regierungsrat die Kompetenz für einen solchen Entscheid bis Ende Jahr an SVP-Bildungsdirektor Stephan Schleiss (49) delegiert.

Sicherheitsbedenken im Vordergrund

Kein Strom, keine Schule. Über dieses Szenario werden nun auch Eltern und Schulkinder informiert. «Unterricht an geöffneten Schulen ohne Strom über eine längere Zeitdauer hinweg ist aus verschiedenen Gründen keine Option», heisst es in einem Schreiben des Amts für Mittelschulen, das Blick vorliegt. Denn: «Bei einem längeren Stromausfall kann die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler nicht gewährleistet werden.»

So komme es etwa zu starken Einschränkungen im Bereich des öffentlichen Verkehrs, und Blaulichtorganisationen seien nur schwer erreichbar und verfügbar, schreibt Amtsleiter Christoph Freihofer. «Nach einer geordneten Schliessung der Schulen im Eintrittsfall bleiben die kantonalen Schulen geschlossen.»

Pläne bei ÖV-Zusammenbruch

Sollte es im Verlauf eines Schultags zu einem unangekündigten Stromausfall kommen, werde die Schule erst dann geschlossen, wenn alle Schüler den Heimweg angetreten hätten. Sollte dies wegen eines ÖV-Zusammenbruchs nicht möglich sein, «werden für die Betroffenen geeignete Warteplätze innerhalb der Schule zur Verfügung gestellt». Sollte es zu einem ungeplanten Stromausfall ausserhalb der Schulzeit kommen, «bleiben die Schülerinnen und Schüler zu Hause».

Die Zuger Schulen sorgen auch für den Fall vor, dass es zu planbaren «rollierenden Abschaltungen», also gebietsweisen Stromabschaltungen für mehrere Stunden, kommt. Dann steht «Fernunterricht mit Schwerpunkt selbständiges Arbeiten der Schülerinnen und Schüler» im Fokus.

Schon jetzt wird gespart

Das Schreiben versucht Eltern und Kinder aber auch zu beruhigen. «Die Chancen, dass die Schweiz und der Kanton Zug den Winter und Frühling ohne Stromausfälle überstehen, sind intakt», heisst es dazu.

Das Amt verweist zudem auf bereits beschlossene Massnahmen, mit denen der Kanton den Energieverbrauch reduziert. So wird beispielsweise die Raumtemperatur auf 20 Grad begrenzt, die Heizkurve am Wochenende, an Feiertagen und in der Nacht gesenkt, Warmwasser gespart oder auf Weihnachtsbeleuchtung verzichtet.

Andere Kantone machen sich Gedanken

In anderen Kantonen macht man sich ebenfalls Gedanken über den Schulbetrieb im Fall einer verschlimmerten Energiesituation oder gar eines Blackouts.

Im Kanton Schaffhausen wurden «erste Überlegungen angestellt», so Vize-Staatsschreiber Christian Ritzmann zu Blick. Es gebe zwar noch keine konkreten Planungen für eine Umstellung auf Fernunterricht im Zusammenhang mit einer allfälligen Strommangellage. Aber: «Es könnte kurzfristig auf die nach wie vor bestehende Struktur und Organisation aus der Zeit des ‹Corona-Fernunterrichts› zurückgegriffen werden.

Im Aargau trifft eine kantonale Taskforce Vorkehrungen für den Ernstfall. «Dort werden selbstverständlich auch die Auswirkungen auf den Schulbetrieb mitbedacht», erklärt Simone Strub Larcher von der Bildungsdirektion. Wegen der Corona-Erfahrungen gelte aber der Grundsatz «Schule findet statt». Zurzeit geht es vor allem darum, zu sensibilisieren und im Betrieb der Schulgebäude energetische Einsparungen zu erzielen.

An ein Schliessungsszenario mag man auch anderorts kaum denken. «Die pädagogische, psychologische und soziale Bedeutung des Präsenzunterrichts wurde uns allen während der Pandemie eindrücklich vor Augen geführt», schreibt Michael Lehner von der Baselbieter Bildungsdirektion. Deshalb wolle der Kanton an den Schulen auch im Fall einer Energiemangellage auf einschneidende Massnahmen wie Fernunterricht möglichst verzichten. «Letzten Endes hängt es aber von der Lageentwicklung sowie den Vorgaben des Bundes ab, ob sich dieser Vorsatz einhalten lässt.»

Dass es zu Netzabschaltungen kommt, hält der Kanton Zürich für «derzeit eher unwahrscheinlich». Wie sich die Schulen trotzdem auf diese Phase vorbereiten können, werde derzeit geprüft, heisst es bei der Bildungsdirektion. Klar ist aber: «Grundsätzlich soll die Schliessung von Schulen die ‹Ultima ratio› bleiben.»

Und Graubünden macht deutlich: «Schulschliessungen im Zusammenhang mit einer allfälligen Strommangellage und längeren Stromausfällen sind derzeit keine Option.»

In Bern nimmt wiederum man es einmal mehr gelassen. «Sobald die verschiedenen Szenarien auf Bundesebene bekannt sind, werden wir diese Frage definitiv klären», meldet die Bildungsdirektion knapp.

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