Jetzt auch Deutschland, Dänemark und Spanien
Schweizer Rüstungsfirmen werden zunehmend ausgeschlossen

Der Bundesrat schlägt Alarm: Die Schweizer Rüstungsindustrie gerät zunehmend unter Druck. Deutschland kauft bewusst kein hiesiges Kriegsmaterial mehr, weil es dieses notfalls nicht in die Ukraine schicken könnte. Und unser nördlicher Nachbar ist damit nicht alleine.
Publiziert: 00:41 Uhr
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Aktualisiert: 08:17 Uhr
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Dänemark durfte keine Schweizer Piranha-Radschützenpanzer an die Ukraine weitergeben. Das Wiederausfuhrverbot an Kriegsländer verhindert dies.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Schweizer Rüstungsindustrie in Gefahr: Westeuropa meidet Schweizer Waffen
  • Deutschland, Niederlande, Dänemark und Spanien erwägen Verzicht auf Schweizer Rüstungsgüter
  • Geplante Beschaffung von 100'000 Tarnnetzen: Schweizer Firmen bewusst ausgeschlossen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Keine Einkäufe in der Schweiz! Dieser Slogan zieht in Westeuropa immer weitere Kreise. Und der Bundesrat zeigt sich alarmiert. Er sieht die einheimische Rüstungsindustrie in Gefahr. Dieser droht der Markt im Ausland immer mehr wegzubrechen, ohne den sie nicht überlebensfähig ist. Und ohne Waffenschmieden im eigenen Land ist auch die Durchhaltefähigkeit der Schweizer Armee weiter gefährdet.

Erstmals bestätigt der Bundesrat, dass Deutschland vermehrt auf Schweizer Rüstungsmaterial verzichten will. So wurden bei der geplanten Beschaffung von 100'000 Tarnnetzen hiesige Firmen bewusst ausgeschlossen. Das hätten die deutschen Behörden auf Anfrage bestätigt. Die Deutschen wollen nicht wieder dieselben Probleme haben wie bei Munition für den Gepard-Flugabwehrpanzer, die sie wegen des Wiederausfuhrverbots nicht in die Ukraine weitergeben durften. Aus Gründen der Neutralität schreibt unser Kriegsmaterialgesetz vor, dass keine Schweizer Rüstungsgüter in kriegsführende Länder gelangen dürfen.

«Ich finde es, schwierig zu verstehen»

Das ist in Berlin auf wenig Verständnis gestossen. Auf Bern sei als Rüstungspartner in Kriegszeiten kein Verlass, hatte der deutsche Vizekanzler Robert Habeck (53) damals gewettert. Die Konsequenz: Deutschland produziert Gepard-Munition mittlerweile im eigenen Land.

Und Berlin ist mit seiner «Swiss free»-Strategie nicht alleine. Weil die Schweiz mit ihrer Blockade-Haltung die Bemühungen zur Unterstützung der Ukraine torpediere, hatte das niederländische Parlament schon 2023 beschlossen, keine Schweizer Waffen und Munition mehr zu kaufen, wie Blick damals bekanntgemacht hatte.

Verärgert hatte den damaligen niederländischen Ministerpräsidenten und heutigen Nato-Generalsekretär Mark Rutte (57) das Veto des Bundesrats gegen den Kauf von 96 in Italien eingelagerten Leopard-1-Panzern: «Ehrlich, ich war echt enttäuscht und ich finde es, schwierig zu verstehen.» Geplant war, die Panzer in Deutschland flottzumachen und sie dann in die Ukraine zu schicken. Die Schweiz intervenierte erneut – und machte sich damit keine Freunde.

Sind Spanien und Dänemark die Nächsten?

Und das ist noch immer nicht das Ende der Fahnenstange, wie der Bundesrat klarmacht. Denn auch Dänemark und Spanien würden derzeit darüber diskutieren, die Schweiz bei Rüstungskäufen künftig zu schneiden, schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf eine Interpellation von Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller (66). Das mag wenig überraschen: Auch diese beiden Länder hatten vor, Rüstungsgüter an die Ukraine weiterzugeben, die sie schon vor Jahren in der Schweiz gepostet hatten. Und auch Dänemark und Spanien waren von Bern ausgebremst worden.

Ihre Reaktion bringt die Schweizer Rüstungsindustrie in die Bredouille. Das hat die Bundespolitik längst erkannt. Schon seit über zwei Jahren ringt sie daher um eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes. Bisher aber wurde jeder Vorschlag versenkt. Im Juni hat die Sicherheitskommission des Nationalrats nochmals einen Entwurf vorgelegt, wie die Schweiz der Ukraine doch noch indirekt Waffen liefern könnte. Doch auch dieser Vorschlag steht unter Beschuss. Der Linken geht er zu weit, der Rechten zu wenig weit. Und die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) rasselt seit Monaten mit dem Referendum-Säbel.

Die Schweizer Rüstungsindustrie muss daher weiter bangen. Und die Ukraine hofft weiterhin vergeblich auf Schweizer Waffen und Munition.

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