SP kritisiert «Ukraine-Krieg als Vorwand»
Bundesrat will Waffenexportverbot wieder aufweichen

Der Bundesrat unterstützt die Forderung der ständerätlichen Sicherheitskommission, Waffenexportverbote wieder aufzuweichen. Bei der SP stösst das auf erbitterten Widerstand.
Publiziert: 01.09.2023 um 12:03 Uhr
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Kriegsmaterial darf nur noch in demokratische Staaten verkauft werden, forderte die Korrektur-Initiative.
Foto: Keystone

Die SP ist entsetzt. Sie befürchtet, dass die Schweiz schon bald wieder Waffen in Länder liefert, die systematisch Menschenrechte verletzen. Die Partei spricht von einem «Dammbruch» und der Aushebelung der Korrektur-Initiative, aufgrund derer die Regeln für Kriegsmaterial-Exporte verschärft worden sind.

Tatsächlich vollzieht der Bundesrat eine Kehrtwende. Er unterstützt eine Motion der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats, die fordert, die 2021 im Parlament beschlossene Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes wieder rückgängig zu machen. Demnach soll die Regierung in Ausnahmefällen selber über die Ausfuhr von Kriegsgerät entscheiden können – und dabei von geltenden Bestimmungen abweichen dürfen.

Bundesrat hofft auf mehr Spielraum

Die Rede ist davon, dass dazu «ausserordentliche Umstände» vorliegen müssten oder die Ausnahme nötig sei zur «Wahrung der aussen- oder der sicherheitspolitischen Interessen des Landes». Beschliesst der Bundesrat eine solche Ausnahme, müsste er bei einer Verfügung die Sicherheitspolitischen Kommissionen innert 24 Stunden informieren. Beschliesst er eine solche Abweichung per Verordnung, dürfte diese höchstens für vier Jahre gelten und könnte maximal einmal verlängert werden.

Der Wunsch nach möglichen Ausnahmen entspricht der früheren Haltung des Bundesrats. Bereits bei der Beratung der Korrektur-Initiative und dem entsprechenden Gegenvorschlag hatte der Bundesrat dafür plädiert – was das Parlament damals aber noch abgelehnt hatte. Daraufhin wurde die Initiative zurückgezogen, weil schärfere Regeln auf Gesetzesebene eingeführt wurden.

Seither hielt sich der Bundesrat strikt an die verschärften Exportregeln. Dänemark durfte keine Schweizer Piranha-Radschützenpanzer in die Ukraine weitergeben, Deutschland keine Munition für Gepard-Panzer und Spanien keine Flugabwehrkanonen. Das sorgte nicht nur im Ausland für rote Köpfe, auch im Inland stiess die Regierung immer wieder auf Unverständnis.

«Ukraine-Krieg nur als Vorwand»

Der Ständerat entscheidet schon in der Herbstsession im September über die geplante Änderung des Kriegsmaterialgesetzes. Die SP will mit allen Mitteln gegen «diese Begünstigung der Rüstungsindustrie» ankämpfen.

Werde das Kriegsmaterialgesetz ausgehebelt, «würde nur noch das Neutralitätsrecht dem Bundesrat Schranken setzen», gibt SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf (55) zu bedenken. «Es ist zudem undemokratisch, dass man diese zentrale Errungenschaft der Korrektur-Initiative über eine Motion rückgängig machen will.»

Kommt hinzu: Die Ukraine würde von der Neuregelung gar nicht profitieren, betont die SP. So wäre es der Schweiz völkerrechtlich weiter nicht erlaubt, der Ukraine direkt Kriegsmaterial zu liefern. «Der Bundesrat nimmt den Ukraine-Krieg als Vorwand, um die Schweizer Gesetzgebung völlig aufzuweichen und die Rüstungsindustrie zu begünstigen», ist Seiler Graf überzeugt. «Vielmehr würden Waffenexporte in Konfliktländer ermöglicht.» (dba)

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