29 Prozent mehr als im Vorjahr
Schweizer Waffenexporte boomen – noch!

Die Schweizer Rüstungsindustrie hat letztes Jahr Rüstungsgüter für 955 Millionen Franken in die ganze Welt exportiert. Das ist rund ein Drittel mehr als im Vorjahr. Doch den hiesigen Waffenschmieden könnten schwere Zeiten bevorstehen.
Publiziert: 07.03.2023 um 09:13 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2023 um 10:49 Uhr
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Schweizer Waffenschmieden haben im letzten Jahr Rekordzahlen geschrieben.
Foto: Thomas Egli

Im Osten Europas herrscht Krieg – und die Rüstungsindustrie läuft auf Hochtouren. Auch Schweizer Waffenschmieden schreiben Rekordzahlen.

Gestützt auf Bewilligungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (63) haben sie bereits im letzten Jahr für 955 Millionen Franken Kriegsmaterial in 60 Länder exportiert. Das sind 212,2 Millionen Franken mehr als im 2021. Oder satte 29 Prozent!

«Die Zahlen erreichen ein absolutes Allzeithoch», erklärte auch Simon Plüss vom Seco am Dienstag vor den Medien. Im Vergleich zu den Gesamtexporten der Schweiz erreichten Rüstungsexporte einen Anteil von 0,25 Prozent.

Flugabwehrkanonen für Katar

Der grösste Deal fand dabei mit dem Wüstenstaat Katar statt, obwohl dieser wegen systematischer Menschenrechtsverletzungen regelmässig in der Kritik steht. Kriegsmaterial im Wert von insgesamt 213,4 Millionen Franken gelangten von der Schweiz ins Emirat.

Allein die Firma Rheinmetall Air Defence in Zürich-Oerlikon verkaufte dem WM-Gastgeberland für 194,3 Millionen zwei Flugabwehrsysteme. Abseits der TV-Kameras suchten diese den Himmel rund um die Stadien nach Drohnen und Raketen ab.

Handfeuerwaffen für den Vatikan

Auf Platz 2 folgt mit einigem Abstand Dänemark, das für insgesamt 136,2 Millionen Franken vor allem gepanzerte Piranha-Radfahrzeuge gekauft hat. Deutschland hat für 131,7 Millionen in der Schweiz eingekauft, beispielsweise verschiedene Munitionsarten und Munitionskomponenten.

Auf Platz 4 und 5 landen schliesslich Saudi-Arabien mit 111,1 Millionen für Ersatzteile zu Flugabwehrsystemen und die USA mit 61,5 Millionen Franken. Zu den grösseren Geschäften gehört weiter der Verkauf von gepanzerten Radfahrzeugen nach Botswana (33,3 Millionen).

Am hinteren Ende der Tabelle rangieren der Vatikan mit einer Lieferung von Handfeuerwaffen für 1180 Franken und Hongkong mit Munition für 250 Franken.

Alles in allem wurden den Seco-Beamten im vergangenen Jahr insgesamt 2625 Ausfuhrgesuche unterbreitet. Manche davon sind noch hängig. Im gleichen Zeitraum wurden 2420 Gesuche bewilligt. Nur gerade sechs Gesuche wurden abgelehnt – 0,25 Prozent. Mit 719 Millionen Franken erreichten sie aber einen ausserordentlich hohen Wert, ergänzte Plüss. Dabei sei es vor allem um gepanzerte Fahrzeuge für den afrikanischen Kontinent gegangen.

Schweizer Waffenschmieden fürchten um ihre Zukunft

Doch so gut sich die Zahlen vom letzten Jahr präsentieren: Die Schweizer Rüstungsindustrie fürchtet ernsthaft um ihre Zukunft. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs steht die Schweiz international in der Kritik, weil sie es anderen Staaten verbietet, einst gekaufte Waffen an die Ukraine weiterzugeben. Mehrfach lehnte der Bundesrat aus Neutralitätsgründen Anfragen für den Export von Schutz- und Kriegsmaterial ab.

Dass auf Bern als Rüstungspartner in Kriegszeiten kein Verlass sei, wie der deutsche Vizekanzler Robert Habeck (53) wetterte, könnte Folgen haben: So will Deutschland keine Schweizer Munition mehr kaufen. Andere Nato-Staaten könnten dem Beispiel folgen. Das sorgt auch im Parlament für Sorgenfalten. Dieses streitet sich in der laufenden Frühlingssession um verschiedene Lösungen, um die Weitergabe von Waffen doch noch zu ermöglichen.

«Das Risiko besteht»

Dass das Risiko von einbrechenden Exportzahlen nicht von der Hand zu weisen ist, bestätigte auch Plüss vom Seco. «Das Risiko, dass etwa Deutschland oder Dänemark in der Schweiz keine Waffen mehr erwerben, besteht. Wie hoch es ist, kann ich aber nicht sagen.» Klar aber sei: Sollten europäische Staaten künftig auf Schweizer Waffen verzichten, «hätte unsere Industrie ein Problem». Und damit auch die Schweizer Armee bei der unabhängigen Beschaffung von Waffen und Munition. (dba)

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