Jetzt ist es definitiv: Wie Blick bereits am Dienstag berichtet hat, lehnt der Bundesrat einen grossen Panzer-Deal ab. 96 Kampfpanzer des Typs Leopard 1 A5, die derzeit in Italien eingelagert sind, sollen nicht in Deutschland instandgesetzt und anschliessend in die Ukraine reexportiert werden dürfen. Der Bundesrat hat am Mittwoch ein entsprechendes Gesuch abgelehnt.
Wie schon bei zahlreichen ähnlichen Gesuchen in den vergangenen Monaten begründete der Bundesrat seinen Entscheid mit einem Verweis auf das geltende Recht. Ein Verkauf stünde insbesondere im Widerspruch zum Kriegsmaterialgesetz und würde eine Anpassung der Neutralitätspolitik nach sich ziehen, begründet er. Mit seinem Entscheid habe er «den Aspekten der Neutralitätspolitik der Schweiz und ihrer Zuverlässigkeit als Rechtsstaat Priorität eingeräumt».
Neutralitätspolitik wäre anzupassen
Im April hatte der Rüstungskonzern Ruag beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ein Gesuch für den Handel mit den 96 gebrauchten und nicht einsatzbereiten Kampfpanzern Leopard 1 A5 eingereicht. Die in Italien eingelagerten Panzer sollten in Deutschland instandgesetzt und anschliessend in die Ukraine weitergereicht werden.
Mehrere westliche Staaten wie etwa Deutschland oder die Niederlande hatten Druck auf den Bund ausgeübt, dem Handel zuzustimmen – und damit die Ukraine in ihrem Verteidigungskrieg gegen Russland zu unterstützen. Bei diesen dürfte das neuste «Njet» aus Bern denn auch auf wenig Verständnis stossen.
Der Bundesrat ist zum Schluss gelangt, dass der Verkauf der 96 Panzer gestützt auf das geltende Recht nicht möglich ist. Ein solcher stünde insbesondere im Widerspruch zum Kriegsmaterialgesetz und würde eine Anpassung der Neutralitätspolitik nach sich ziehen.
Der Entscheid entspricht einer Reihe ebenfalls abgelehnter Gesuche von Ländern, die um indirekte Waffenlieferungen von Schweizer Kriegsgütern erbeten hatten. Deutschland zum Beispiel wollte Schweizer Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard in die Ukraine liefern.
Der Bundesrat hält sich seit Beginn des Kriegs strikt an die gesetzlichen Vorgaben - und lehnte dieses und verschiedene weitere Begehren ab. Er verwies dabei jeweils auf das geltende Kriegsmaterialgesetz.
Parlament sucht weiter Möglichkeiten
Nach Ansicht der zuständigen Parlamentskommissionen soll die Wiederausfuhr von Kriegsmaterial unter Bedingungen möglich werden. Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SIK-N) ist dabei, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Viele offene Fragen müssen bei der Erarbeitung des Textes noch geklärt werden - etwa, ob eine Lösung mit dem Neutralitätsrecht vereinbar wäre.
Als Basis für die weiteren Arbeiten dient der sogenannte kombinierte Ansatz. Dieser sieht vor, dass der Bundesrat künftig im Einzelfall eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung ausnahmsweise auf fünf Jahre befristen kann.
Nämlich dann, wenn das Bestimmungsland die Menschenrechte nicht schwerwiegend verletzt, keine Gefahr besteht, dass das Kriegsmaterial gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird, und wenn das Bestimmungsland nicht in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist.
Bundesrat könnte wieder mehr Spielraum erhalten
Die Wiederausfuhr von Rüstungsgütern in einen kriegführenden Staat wäre möglich, wenn dieser von seinem völkerrechtlichen Selbstverteidigungsrecht Gebrauch macht - und dies von der Uno-Vollversammlung mit Zweidrittelmehrheit respektive vom Uno-Sicherheitsrat mit einer Resolution festgestellt wurde.
Letzteres ist aufgrund des Vetorechts der ständigen Mitglieder unwahrscheinlich. Die Gesetzesänderung würde gemäss dem Vorschlag auch rückwirkend gelten.
Mit einer neuen Kommissionsmotion will die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats (SIK-S) zudem eine 2021 beschlossene Verschärfung des Kriegsmaterialgesetzes rückgängig machen. So soll der Bundesrat von den Bewilligungskriterien für Auslandsgeschäfte abweichen dürfen, wenn ausserordentliche Umstände vorliegen und die Wahrung der aussen- oder der sicherheitspolitischen Interessen des Landes dies erfordert. (dba/SDA)