Erneut muss sich der Bundesrat mit einem aussenpolitisch heiklen Dossier herumschlagen. Wieder verlangt nämlich ein EU-Staat, dass sich die Schweiz bei der Waffenlieferung an die Ukraine beteiligt. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte (56) hat diesbezüglich persönlich bei Bundespräsident Alain Berset (51) angeklopft, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt.
Rutte verlangt von der Schweiz, dass sie die 96 alten Kampfpanzer des Typs Leopard 1 an die Ukraine liefert. Die Niederlande selbst haben grosse Mengen von schwerem Kriegsgerät an die Ukraine geliefert, darunter Kampfpanzer, Schützenpanzer und Luftabwehrsysteme. Ein Sprecher von Berset wollte diese Information nicht kommentieren. Dort hiess es lediglich: «Wir äussern uns nicht zu eventuellen bilateralen Kontakten.»
Niederlande wollen Leo-1-Deal mitfinanzieren
Die Leo-1-Panzer gehören seit 2016 dem bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag und werden derzeit in einem Depot in Norditalien gelagert. Laut «Tages-Anzeiger» sieht der Plan wie folgt aus: Die Ruag soll die Leo-1-Panzer an den deutschen Rheinmetall-Konzern verkaufen. Dieser soll sie modernisieren und anschliessend in die Ukraine schicken. Hier kommt nun Rutte ins Spiel. Die niederländische Regierung will den Deal nämlich teilweise finanzieren.
Bloss: Die Ruag muss für diesen Handel beim Bund eine Bewilligung einholen. Eine erste informelle Voranfrage soll gemäss «Tages-Anzeiger» von Guy Parmelins (63) Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung abgeschmettert worden sein. Damit wollte sich die Ruag allerdings nicht abspeisen lassen. Sie hat darum ein offizielles Verkaufsgesuch beim Bund eingereicht.
Mehr zum Verkauf von Schweizer Panzern
Berset zeigte sich gestern am Rand des Gipfels der «Europäischen Politischen Gemeinschaft» nahe der moldauischen Hauptstadt Chisinau kritisch. «Das muss im Bundesrat besprochen werden», erklärte er.
Bundesrat hätte Leo-1-Frage bereits vergangene Woche diskutieren sollen
Offenbar wollte Parmelin die Leopard-1-Frage bereits vergangene Woche in den Bundesrat bringen – gleichzeitig mit Verteidigungsministerin Viola Amherds (60) Antrag auf Ausmusterung der 25 Leopard-2-Panzer. Parmelin soll das Geschäft schliesslich zur Überarbeitung zurückgezogen haben, schreibt der «Tages-Anzeiger». So traf der Bundesrat nur zu den Leopard-2-Panzern einen Entscheid, aber noch nicht zu den Leopard-1-Panzern.
Mit 6 zu 1 hat der Bundesrat vergangene Woche entschieden, den Weg freizumachen für den Rückverkauf von 25 Leopard-2-Panzer an Deutschland. Nur Verkehrsminister Albert Rösti hat sich gegen den Deal gestemmt. (oco)