Der Bundesrat gibt grünes Licht für die Lieferung von 25 Leo-2-Panzern an Deutschland – eine Kehrtwende. Der öffentliche Druck im In- und Ausland sowie von der Schweizer Rüstungsindustrie war derart immens, dass die Landesregierung den Kurswechsel fast geschlossen fällte.
Bislang war ihre Haltung stets gewesen, die Schweiz könne aus Neutralitätsgründen weder die Weitergabe von in unserem Land gefertigten Rüstungsgütern an die Ukraine erlauben, noch einen sogenannten Ringtausch ermöglichen. Also, dass die Schweiz beispielsweise Munition an Frankreich liefert und unser westliches Nachbarland Munition aus seinen Beständen an die Ukraine weitergibt. Um neutral zu bleiben, müsse die Schweiz dieselben Zugeständnisse auch gegenüber Russland machen, hiess es bislang stets.
Berset bestreitet Paradigmenwechsel
Doch plötzlich ist alles anders. Laut mehrerer Quellen hatte einzig SVP-Bundesrat Albert Rösti (55) per Mitbericht Bedenken gegen die Rückgabe von 25 stillgelegten Panzer der Schweizer Armee an die deutsche Herstellerfirma Rheinmetall angemeldet. Sogar Parteikollege Guy Parmelin (63) habe eingelenkt, weil mit dem Bund auch die Schweizer Rüstungsindustrie unter Druck gerät.
Von einem Paradigmenwechsel wollte Bundespräsident Alain Berset (51) am Mittwoch vor den Medien dennoch nichts wissen: «Es gilt nach wie vor: Ruhe bewahren und Linie behalten.»
Zuvor hatte sich bereits die Sicherheitskommission des Nationalrats für die Ausserdienststellung von 25 Leopard-2-Panzern ausgesprochen. Nun ist es am gesamten Nationalrat, in der kommende Woche startenden Sommersession als erste Parlamentskammer über den Rückverkauf nach Deutschland zu entscheiden.
Gibt das Parlament grünes Licht, hat das Wirtschaftsdepartement (WBF) von Parmelin das Exportgesuch zu prüfen und dem Gesamtbundesrat eine Empfehlung abzugeben. Da auch vom SVP-Bundesrat laut Blick-Informationen keine Einwände gegen die Rückgabe kamen, dürfte es nur noch eine Formsache sein, dass das WBF der Landesregierung empfiehlt, am neuen Kurs festzuhalten.
Armee sieht Eigenbedarf gesichert
Wie die deutsche Seite unserer Landesregierung versichert hat, werden die Leos nicht an die Ukraine weitergegeben. Sie sollen die Lücken füllen, die in Deutschland und weiteren europäischen Staaten durch Lieferungen von Panzern an die Ukraine entstehen.
Derweil behält das Schweizer Militär noch 71 in der Ostschweiz eingemottete Panzer, sodass auch hierzulande trotz des Rückverkaufs keine Lücke entstehen soll. Eine Einschätzung, die im Gegensatz zur Armeespitze bei den Panzer-Offizieren heftig umstritten ist.
Im Parlament weiter umstritten
Während die Mitte-Partei von Verteidigungsministerin Viola Amherd (60) den Entscheid der Landesregierung begrüsst, kommt dieser bei der SVP nicht gut an. «Der Bundesrat schwächt die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz und untergräbt die Neutralität unseres Landes», schreibt die Partei. Sie kündigt Widerstand im Parlament an. Sie alleine hat jedoch nicht die Kraft, den Rückverkauf nach Deutschland zu verhindern.
Beim Freisinn ist der Entscheid allerdings ebenfalls umstritten. Zwar war es der Vorschlag von FDP-Sicherheitspolitikerin Maja Riniker (45, AG), die Leopard-2-Panzer ausser Dienst zu stellen. «Der heutige Bundesratsbeschluss ist ein richtiges und wichtiges Zeichen», schreibt die FDP-Nationalrätin denn auch auf Twitter.
Ihr Fraktionskollege Josef Dittli (66) hingegen fordert zuerst ein gesamthaftes Verteidigungskonzept. Bevor dem Parlament ein solches vorliege, «gibt es nichts zu verkaufen», stellt der Urner Ständerat ebenfalls auf Twitter klar.
Vorsitzende des deutschen Verteidigungsausschusses erfreut
In Deutschland hat man die Entscheidung des Bundesrats positiv aufgenommen. «Das ist eine sehr erfreuliche Nachricht. Die Schweiz ist bündnisneutral, aber nichtsdestotrotz assoziiertes Mitglied in der parlamentarischen Versammlung der Nato», sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann (65).
Die deutsche Politikerin ist im Vorstand der FDP-Bundestagsfraktion und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses. Es sei daher ein wichtiges Signal in Richtung der Nato, dass man ein klitzekleines Stück Verantwortung zu übernehmen bereit sei angesichts Russlands Aggression der freien westlichen Welt gegenüber.
Und auch aus dem deutschen Verteidigungsministerium hiess es am Donnerstag, man freue sich über die Entscheidung der Schweizer Regierung, die Ausmusterung von 25-Leopard-2-Kampfpanzer zu befürworten. «Durch den Ankauf könnten diese Panzer wieder instandgesetzt und zum Beispiel im Rahmen des Ringtauschs genutzt werden», sagte eine Sprecherin zu Blick.