Vergeben und vergessen? Noch im März hatte Bundespräsident Alain Berset (51) wegen seiner «Kriegsrausch»-Vorwürfe viel Kritik einstecken müssen. Westliche Staaten fühlten sich vor den Kopf gestossen, genauso wie die Parteien im Bundesparlament. Und auch in Kiew sollen die Aussagen nicht gut angekommen sein.
Das Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45) am Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Moldau wirkte dennoch sehr freundschaftlich.
Selenski warb in seinem Nachbarland einmal mehr um Unterstützung im Verteidigungskampf gegen Russland, wie er auf dem Kurznachrichtendienst Telegram klarstellte: «Heute arbeiten wir in Moldau. Teilnahme am Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft. Viele bilaterale Treffen.» Man entwickele eine Koalition von Kämpfern und biete eine Koalition von «Patrioten» an. «EU, Nato, Friedensformel. Alles, um unsere Zukunft zu schützen.»
«Das muss im Bundesrat besprochen werden»
Bundesrat Berset zeigte sich am Rand des Gipfels allerdings einmal mehr zurückhaltend, was Schweizer Waffenlieferungen angeht. So ist am Donnerstag bekannt geworden, dass der Rüstungskonzern Ruag beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ein offizielles Exportgesuch für 96 Leopard-1-Panzer eingereicht hat. Die Panzer sollen der Ukraine zugutekommen.
«Das muss im Bundesrat besprochen werden», erklärte SP-Magistrat Berset. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine sei eine Verletzung des internationalen Rechts, «aber man kann nicht einerseits international die Einhaltung der Regeln fordern», sich selber dann aber nicht daran halten. Das bedeute aber nicht, dass sich nichts ändern könne.
47 Staats- und Regierungschefs eingeladen
Zum Spitzentreffen im Nachbarland der Ukraine werden neben Selenski auch Bundeskanzler Olaf Scholz (64) und Dutzende andere Staats- und Regierungschefs erwartet. In dem von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (45) initiierten Format wollen die Staaten der Europäischen Union die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern verbessern. Insgesamt sind 47 Staats- und Regierungschefs nach Moldau eingeladen worden,Vertreter Russlands und dessen Partnerland Belarus allerdings nicht.
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Im Mittelpunkt der Gespräche in Bulboaca dürften Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen Folgen stehen. Aus Sicht der EU soll der Gipfel ein klares Zeichen an Kremlchef Wladimir Putin (70) senden, dass sein Land in Europa mittlerweile nahezu vollständig isoliert ist. Der Gipfelort liegt nur etwa 20 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt.
Auf dem offiziellen Programm des EPG-Gipfels stehen neben Sicherheitsfragen die Themen Energieversorgung und Klimaschutz. Dabei geht es auch darum, wie die immer noch grosse Abhängigkeit europäischer Länder von russischem Gas und Öl reduziert werden kann.
Selenski war zuletzt auch zu den Gipfeln der Arabischen Liga nach Saudi-Arabien und der G7-Gruppe führender demokratischer Wirtschaftsmächte nach Japan gereist. In Moldau ist er allerdings nicht nur Gast, sondern echtes Mitglied, da die Ukraine zu der neuen EPG gehört. (SDA/dba)