Der Druck aus dem Ausland wirkt: Die Sicherheitspolitiker des Ständerates wollen, dass Länder wie Deutschland, Spanien oder Dänemark Kriegsmaterial, das sie in der Schweiz gekauft haben, an die Ukraine weitergeben dürfen. Das verkündete Kommissionspräsident Werner Salzmann (60, SVP).
Bislang verbietet die Schweizer Neutralität, dass Waffen direkt in ein Kriegsgebiet geliefert werden. Die Regel gilt sogar dann, wenn ein anderes Land Waffen in der Schweiz gekauft hat. Die Länder müssen nämlich beim Kauf eine sogenannte Nichtwiederausfuhr-Erklärung unterschreiben.
Mehrere Bedingungen
Die Sicherheitspolitiker des Ständerats haben nun entschieden, dass der Bundesrat künftig im Einzelfall eine solche Erklärung auf fünf Jahre befristen kann. Dafür müssen aber bestimmte Bedingungen erfüllt sein: Das Land, das die Waffen erhält, darf die Menschenrechte nicht schwerwiegend verletzen. Dazu darf keine Gefahr bestehen, dass das Kriegsmaterial gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird. Das Land darf nicht in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sein. Eine Ausnahme gilt nur, wenn das Land – zum Beispiel die Ukraine – sich völkerrechtlich selbst verteidigt. Das muss die Uno feststellen: Eine Wiederausfuhr von Schweizer Waffen ins Kriegsgebiet wäre nur möglich, wenn die Uno-Vollversammlung diese Selbstverteidigung mit Zweidrittelmehrheit oder einer Resolution im Sicherheitsrat feststellt. Die Gesetzesänderung soll gemäss dem Vorschlag auch rückwirkend gelten. Das ist nötig, damit die Ukraine auch wirklich profitiert.
Auch die Sicherheitspolitiker des Nationalrats sind mit diesem Vorschlag einverstanden. Darum muss die Kommission des Nationalrates eine Vorlage dazu ausarbeiten. Wann die Ukraine tatsächlich von dem Entscheid profitieren kann, ist unklar. Kommt der Vorschlag im Parlament durch, ist das Referendum möglich und das Volk entscheidet. Das kann dauern. «Wir sind nur einen kleinen Schritt weiter, Waffen indirekt in die Ukraine zu liefern», so Salzmann.
Noch sind viele Fragen offen: Unter anderem müsse «im Detail geprüft» werden, ob die Lösung mit dem Neutralitätsrecht vereinbar wäre.
Druck aus dem Ausland
Der Entscheid kommt nur durch massiven Druck aus dem Ausland zustande. So wollte Deutschland Munition für Gepard-Flugabwehrpanzer sowie Maschinengewehrmunition weiterleiten. Dänemark hatte beantragt, der Ukraine Piranha-III-Panzer liefern zu dürfen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hatte aber beide Anträge abgelehnt.
Mehrere Länder hatten daraufhin angekündigt, kein Kriegsmaterial mehr aus der Schweiz kaufen zu wollen. «Das könnte dazu führen, dass Rüstungsfirmen die Schweiz verlassen», erklärte Salzmann. Die Schweiz brauche für die bewaffnete Neutralität aber eine solide Rüstungsindustrie. (bro)