Nein, Nein und nochmals Nein. In seiner letzten Sitzung vor den Sommerferien muss sich der Bundesrat am Mittwoch erneut mit einem heiklen Dossier herumschlagen. Darf der Rüstungskonzern Ruag, der dem Bund gehört, Leopard-1-Panzer via Deutschland in die Ukraine verkaufen?
Schon vor einer Woche hatte sich die Regierung damit befasst, war aber zu keinem Schluss gekommen. Nachdem das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (63) eine Ausfuhr bereits abgelehnt hatte und das Aussendepartement von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (62) einen Bericht vorgelegt hatte, sollte auch noch das Justizdepartement von SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (59) eine rechtliche Beurteilung vornehmen.
Nur Cassis und Amherd dafür
Nun aber zeichnet sich ab: Der Panzer-Deal dürfte im Bundesrat scheitern – trotz des Drucks der westlichen Staaten. Denn im Siebnergremium setzen sich einzig Aussenminister Cassis und Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) dafür ein, die Ausfuhr zugunsten der Ukraine zu ermöglichen. Das bestätigen Blick mehrere bundesratsnahe Quellen.
Das Aussen- und das Verteidigungsdepartement argumentieren damit, dass der Panzer-Deal nicht gegen das Kriegsmaterialgesetz verstosse, weil die Panzer gar nie in der Schweiz waren. Ruag hatte die 96 teilweise über 50 Jahre alten Stahlkolosse aus ursprünglich deutscher Produktion 2016 Italien abgekauft. Die Panzer sind noch heute bei unserem südlichen Nachbarn eingelagert.
Enttäuschung in Westeuropa dürfte gross sein
Die übrigen fünf Bundesratsmitglieder aber sind weiterhin skeptisch. Sie befürchten, dass ein solcher Deal die Schweizer Neutralität verletzen würde. Zu diesem Schluss soll auch das neuste Gutachten aus dem Justizdepartement gekommen sein: Die Lieferung von Panzern an eine Kriegspartei stünde direkt mit der neutralitätsrechtlichen Verpflichtung der Schweiz in Konflikt. Oder anders: Es geht um Neutralität, nicht ums Kriegsmaterialgesetz.
Damit dürfte der Bundesrat dieses Mal anderes entscheiden als noch Mitte Mai. Damals hatte die Regierung beschlossen, den Weg freizumachen für den Rückverkauf von 25 neueren Leopard-2-Panzer an Deutschland. Damit würde auch die Schweiz indirekt die Aufrüstung der Ukraine unterstützen. Noch fehlt die Zustimmung des Ständerats zur Lieferung.
Entscheidender Unterschied: Die Panzer sollen nicht in die Ukraine gelangen, sondern Lücken füllen, die in Deutschland und weiteren europäischen Staaten durch Lieferungen von Panzern an die Ukraine entstehen. Bei diesen dürfte das neuste «Njet» aus Bern allerdings auf wenig Verständnis stossen.