Die Krankenkassen-Prämien kennen seit über 20 Jahren fast nur eine Richtung: nach oben! Bei der Einführung des neuen Krankenversicherungs-Gesetzes im Jahr 1996 betrug die mittlere Monatsprämie noch 128 Franken. Zuletzt stieg die Prämienlast um weitere 8,7 Prozent an. Die Durchschnittsprämie beträgt aktuell rund 360 Franken.
Ein Ende ist nichts absehbar. Die Gesundheitskosten werden – alleine schon aufgrund der demografischen Entwicklung – weiter ansteigen. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH rechnet mit einem Kostenanstieg auf gegen 100 Milliarden Franken im Jahr 2025. Vor zwei Jahren waren es erst 88 Milliarden Franken – wobei die obligatorische Grundversicherung 38 Milliarden ausmachte.
Damit hält auch der Aufwärtstrend bei der Prämienlast an. Offen ist, wie steil dieser ausfallen wird. Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) sind diesbezüglich keine konkreten Angaben erhältlich: «Das BAG hat keine Prognosen zur künftigen Prämienbelastung», erklärt Mediensprecherin Gabriela Giacometti.
Über 1600 Franken pro Monat
Das lässt Spielraum für politische Player. Mit Blick auf die Abstimmung über die Prämienentlastungs-Initiative vom 9. Juni hat nun nämlich der Gewerkschaftsbund die Entwicklung berechnet. Er orientiert sich dabei an Szenarien des Bundes zur Grundversicherung und zum Bruttoinlandprodukt. Das Resultat: «Bis 2030 werden die Prämien jährlich um 4 Prozent steigen», erklärt SGB-Zentralsekretär Reto Wyss (38).
Eine Familie muss in den nächsten Jahren noch tiefer ins Portemonnaie greifen als bisher. Nimmt man eine vierköpfige Familie mit einem minderjährigen sowie einem volljährigen Kind als Beispiel, summieren sich die Prämien derzeit auf durchschnittlich 1265.80 Franken pro Monat – über 15'000 Franken im Jahr.
Bei einem 4-Prozent-Wachstum sind es 2030 monatlich schon 1601.65 Franken – und damit über 19'000 Franken pro Jahr. «Das ist ein Sprung um 27 Prozent», sagt Wyss. Und: «Für eine erwachsene Einzelperson steigt die Prämie von rund 430 auf 540 Franken.»
Mehr zur Prämienentlastungs-Initiative
Je nach Kanton fallen die Kosten noch höher aus. Als Beispiel nimmt Wyss das Baselbiet. «Im Kanton Baselland wird die Prämie für eine erwachsene Einzelperson im Jahr 2030 sogar bei über 600 Franken liegen, für eine Familie bei knapp 1800 Franken.»
Maillard: «Schutz vor zukünftigen Erhöhungen»
Zahlen, die bei Gewerkschaftsboss und SP-Ständerat Pierre-Yves Maillard (56, VD) die Alarmglocken schrillen lassen. «Die Krankenkassenprämie ist die einzige Steuer, die immer weiter erhöht wird. So kann es nicht weitergehen», sagt er zu Blick.
Mit der Initiative würde die Prämienlast pro Haushalt auf maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens beschränkt. «Die Prämienentlastungs-Initiative ist somit auch ein Schutz vor zukünftigen Erhöhungen», so Maillard. Bislang sei die Rechnung der steigenden Kosten jedes Jahr einfach an die Bevölkerung weitergegeben geworden. Das könne das Stimmvolk nun ändern.
Das bedeutet aber auch, dass bei einem Ja zur Initiative Bund und Kantone einen deutlich höheren Beitrag für Prämienverbilligungen schultern müssten. Für 2030 rechnet der Bund mit Mehrkosten von gut 8 Milliarden Franken für die öffentliche Hand.
«Diese Zahlen sind massiv überschätzt», findet Maillard. Es gehe viel günstiger, ist er überzeugt. Auch schon dadurch, dass ein Ja zur Initiative den Bundesrat dazu zwinge, «Kostensenkungen endlich gegen die Gesundheitslobby durchzusetzen».
Burkart warnt vor Steuererhöhungen
Die Bürgerlichen hingegen laufen Sturm gegen den 10-Prozent-Prämiendeckel. Der Finanzierungsbedarf könne sich bis 2030 sogar auf bis zu 11,7 Milliarden Franken erhöhen, warnte FDP-Chef Thierry Burkart (48) schon früher im Blick.
Bund und Kantone müssten entsprechend die Steuern erhöhen, um dies zu berappen. «Diese Rechnung würde der Mittelstand bezahlen», so Burkart. Stattdessen plädiert er für den Gegenvorschlag, welcher «gezielt und mit Augenmass dort eingreift, wo es am nötigsten ist».
Mit dem Gegenvorschlag müssten die Kantone im Jahr 2030 gut 700 Millionen Franken zusätzlich in die Prämienverbilligung einschiessen. Am 9. Juni entscheidet das Stimmvolk, welcher Variante es den Vorzug gibt.