SP-Forderung ist in der Waadt bereits Realität
Wer von der Prämien-Initiative am meisten profitiert

Niemand soll mehr als 10 Prozent des Einkommens für Prämien zahlen: Was die SP fordert, kennt der Kanton Waadt bereits. Ein Blick in den Kanton zeigt, wem die Initiative besonders nützen würde.
Publiziert: 23.04.2024 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2024 um 11:17 Uhr
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Vier Jahre nach Einreichung kommt die Prämienentlastungs-Initiative der SP zur Abstimmung.
Foto: Keystone
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Ja oder Nein? Den 830'000 Waadtländerinnen und Waadtländern kanns im Grunde egal sein, ob die Schweizer Stimmbevölkerung die Prämienentlastungs-Initiative am 9. Juni annimmt oder nicht. Denn als einziger Schweizer Kanton kennt die Waadt heute bereits einen Prämiendeckel, wie ihn die SP mit der Initiative fordert. Das bedeutet: Niemand muss mehr als 10 Prozent seines Einkommens für die Krankenkassenprämien ausgeben.

Auch wenn das Parlament den Prämiendeckel nicht genau gleich umsetzen würde wie die Waadt: Ein Blick dorthin lässt erahnen, für wen die versprochene Entlastung besonders gross ausfallen dürfte. 

Über ein Drittel erhält Prämienrabatt

«Es ist vor allem der Mittelstand, der profitiert», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (36). Das bestätigen die Zahlen aus dem Westschweizer Kanton. Über ein Drittel der Bevölkerung erhält dort einen staatlichen Prämienrabatt. Knapp jeder siebte Haushalt hat 2023 einen Sonder-Zuschuss erhalten, weil die Prämien – auch nach Abzug der normalen Prämienverbilligung – mehr als 10 Prozent seines Einkommens ausmachen.

Wer in der Waadt vom Prämiendeckel profitiert, hat im Schnitt ein Nettoeinkommen um die 45'000 Franken, wobei das Vermögen mitberücksichtigt wird. Darunter sind mit knapp einem Drittel erstaunlich wenige Familien. Besonders profitieren hingegen Seniorinnen und Senioren.

Kanton Waadt ist zufrieden

Die Waadtländer Regierung zieht ein positives Fazit. Der Lebensstandard vieler Menschen habe sich dank des Prämiendeckels verbessert, teilt das Gesundheitsdepartement mit. Der Zuschuss habe dazu beigetragen, ihre Kaufkraft zu erhalten. «Vor seiner Einführung war es üblich, dass einige Haushalte, insbesondere Familien mit jungen Erwachsenen in Ausbildung oder Rentner, zwischen 15 und 20 Prozent ihres Einkommens für Prämienzahlungen aufwenden mussten.» 

Über die gesamte Schweiz betrachtet blättert eine Person heute im Schnitt 14 Prozent ihres Einkommens für die Grundversicherung hin. Zwischen den Kantonen gibt es riesige Unterschiede. Eine Neuenburgerin gibt knapp einen Fünftel ihres Einkommens aus, ein Zuger hingegen nur 7 Prozent. Und das nach Abzug der Prämienverbilligungen! Bei dieser Modellrechnung geht der Bund von der Prämie aus, die bei einer Franchise von 300 Franken fällig wird – die teuerste Variante.

SP will Maximal-Variante

Geht es nach den Initianten der Prämien-Initiative, soll diese Standardprämie auch Grundlage bei der Berechnung des Prämiendeckels sein. Was bedeuten würde, dass maximal viele Menschen profitieren würden. Doch käme es damit nicht zu Fehlanreizen, eine höhere Franchise zu wählen, wenn sowieso der Staat einspringt? Nein, sagt SP-Co-Chefin Meyer.

Wer eine höhere Franchise oder ein günstigeres Versicherungsmodell wählt, soll entsprechend weniger selbst zahlen müssen. So ist es auch im Kanton Waadt geregelt. Allerdings basiert die Referenzprämie da auf einer Franchise von 1000 Franken und ist damit weniger grosszügig, als die SP das national fordert. 

Wer soll das bezahlen?

Die Initiativ-Gegner weisen zu Recht darauf hin, dass die Prämien-Medaille auch eine Kehrseite hat. Der Bundesrat schätzt basierend auf Zahlen von 2020, dass die Initiative Bund und Kantone Milliarden 3,5 bis 5 Franken kosten würde. Inzwischen dürfte es angesichts des Prämienanstiegs noch mehr sein. Wie man den Prämiendeckel finanziert, lässt die SP in ihrer Initiative völlig offen.

Steuererhöhungen könnten nötig werden, warnt die Regierung. Die FDP rechnet vor, dass die Mehrwertsteuer um 2,3 Prozentpunkte steigen könnte, was Mehrkosten von durchschnittlich 1200 Franken pro Jahr und Haushalt bedeute. Das würden alle im Portemonnaie spüren. Eine Erhöhung der Bundessteuer träfe hingegen vor allem die Reichen.

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