Auf einen Blick
- Neuer Bericht stellt Risikoanalysen zum Munitionslager Mitholz infrage
- Finanzkommissionen wollen Potenzial für Kosteneinsparungen bei Milliarden-Projekt ausloten
- VBS geht von bis zu zehn Tonnen Sprengstoff aus, Spezialisten sprechen von maximal fünf Kilogramm
Die Nachricht sorgte im Parlament für Stirnrunzeln. Ein unveröffentlichter Bericht von Munitionsspezialisten der Armee stellt die bisherigen Risikoanalysen zum ehemaligen Munitionslager Mitholz infrage. Demnach könnten die verbliebenen Bomben, Granaten und Minen ein Umweltproblem darstellen – aber kein Explosionsrisiko.
Das lässt den Verdacht aufkommen, dass das Verteidigungsdepartement (VBS) mit zu grosser Kelle angerührt hat. Immerhin musste das Parlament für die endgültige Mitholz-Räumung satte 2,59 Milliarden Franken bewilligen. Das halbe Berner Dorf wird für zehn Jahre evakuiert. Das VBS aber beharrt auf den bisherigen Annahmen.
Allfälliges Sparpotenzial ausloten
Die Finanzkommission des Ständerats will es nun genau wissen. An einer nächsten Sitzung wird sie sich mit dem umstrittenen Schlussbericht des Kommandos Kamir, der Fachstelle für Kampfmittelräumung der Schweizer Armee, befassen. In seiner Mitteilung von gestern Montag macht Kommissionspräsident Jakob Stark (66, SVP) keinen Hehl daraus, worum es den Finanzpolitikern geht: Sie wollen das Potenzial für allfällige Kosteneinsparungen ausloten.
Medienberichte über dieses interne Dokument hätten aufhorchen lassen. Dem wolle die Kommission nun auf den Grund gehen. «Das allfällige Sparpotenzial wäre schliesslich erheblich», sagt Stark. «Angesichts der Finanzsituation des Bundes ist diese finanzpolitische Sorgfalt nicht mehr als angebracht.»
Auch die Finanzkommission des Nationalrats begleitet das Milliardenprojekt eng. Schliesslich sei es immer mit grossen Unsicherheiten behaftet gewesen, sagt Präsidentin Sarah Wyss (36, SP): «Man konnte uns nicht genau sagen, was man im Berg tatsächlich antreffen wird.» Das Parlament aber habe den Kredit auf Antrag der Finanzkommission dennoch gesprochen, da das Projekt sonst nicht hätte gestartet werden können. «Es war keine Option, einfach nichts zu machen.» Die Kommission will sich aber bald wieder mit Mitholz befassen.
Das VBS geht in Risikoanalysen davon aus, dass bis zu 10 Tonnen Sprengstoff auf einmal explodieren und Tote nicht ausgeschlossen werden könnten. In ihrem Bericht sprechen die Spezialisten hingegen von «maximal 5 Kilogramm». Tausende Sprengmittel seien schon aus dem Berg geholt worden; die bisherige Risikoanalyse sei anzupassen. Im VBS aber sei diese Empfehlung nicht gut angekommen. Das Departement habe gefordert, heikle Stellen im Bericht anzupassen.
Im Dezember 1947 war es im ehemaligen Munitionslager der Armee in einer Fluh bei Mitholz zu grossen Explosionen gekommen. Das Depot stürzte teilweise ein, neun Menschen starben durch Felsbrocken, die durch die Luft geschleudert wurden. Dutzende Häuser wurden zerstört. Das VBS geht bisher davon aus, dass in den eingestürzten Anlageteilen und im Schuttkegel heute noch 3500 Bruttotonnen Munition mit einigen Hundert Tonnen Sprengstoff liegen.