Daniel Jositsch (57) dürfte am Mittwoch zahlreiche Stimmen erhalten. Im ersten Wahlgang um die Nachfolge von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) bekommt der Zürcher voraussichtlich mehrere Dutzend Proteststimmen. Denn viele sind unzufrieden über den Ausschluss der Männer vom SP-Wahlticket.
«Es könnte plötzlich eine neue Dynamik geben», mutmasst gar ein Nationalrat. Das Brisante daran: Laut Parlamentariern sagt Jositsch, er sei von seiner Partei aus dem Spiel genommen worden, also müsse er sich auch nicht mehr an deren Regeln halten. Sprich: Sollte Jositsch am Mittwoch als wilder Kandidat gewählt werden, nähme er die Wahl an.
Kaum Mandarinli
Am Samichlaus-Tag dürften die Parteileitungen den Ratsmitgliedern deshalb mit der Rute drohen, sollten sie Jositsch auf ihren Wahlzettel schreiben. Schliesslich haben alle Parteien versprochen, sich an die offiziellen Tickets zu halten.
Für welche der beiden SP-Kandidatinnen sie stimmen, ob für Eva Herzog (60, BS) oder Elisabeth Baume-Schneider (58, JU), werden viele FDPler, Mitte-Politikerinnen und GLP-Mitglieder erst entscheiden, wenn diese am Dienstag bei ihnen in den Hearings angetreten sind.
Die SVP-Anwärter Albert Rösti (55, BE) und Hans-Ueli Vogt (53, ZH) treten derweil vor der SP und den Grünen, aber auch vor der Mitte an.
Basler in Bern
Im Schlussspurt wird um jede Stimme gerungen. Gerade bei der Ausmarchung zwischen den beiden Frauen dürfte es knapp werden. Die Region Basel hat am Montagabend ein hochkarätiges Trio ins Bundeshaus geschickt, um für Herzog zu weibeln. SP-Regierungspräsident Beat Jans (58), Mitte-Regierungsrat Lukas Engelberger (47) und der Baselbieter alt SP-Ständerat Claude Janiak (74) luden zum Apéro.
«Wir wollen nichts unversucht lassen und zeigen, dass die ganze Region Basel hinter Eva Herzog steht», sagt Ex-Nationalrat Jans. «Mit ihr würde die urbane Schweiz im Bundesrat eine Stimme erhalten.» Die ganze Region fiebere mit.
Fieberkurve ist hoch
Dass die Fieberkurve gestiegen ist, dafür hat Baume-Schneider gesorgt. Bei den Bauern hat die Schwarznasenschaf-Halterin gepunktet.
Und auch von jurassischer Seite wird lobbyiert. Baume-Schneider selbst war in der Wandelhalle zu sehen. Während sie kräftig in einen Apfel biss, tauschte sie sich etwa mit Nationalrätinnen der Grünen aus.
Getippt wird mehrheitlich auf Herzog, doch manche trauen Baume-Schneider die Überraschung zu.
Gelaufen scheint das Rennen bei der SVP. «Herr Bundesrat!», wurde Rösti von Parteikollegen bereits begrüsst. Aber auch Konkurrent Vogt führte am Montag Einzelgespräche.