Noch dreimal schlafen. Dann ist klar, wer im Bundesrat auf die abtretenden Simonetta Sommaruga (62) und Ueli Maurer (72) folgt. Geht es nach dem Politologen Claude Longchamp, haben die Favoriten die Nase weiterhin vorn. Er tippt darauf, dass SP-Ständerätin Eva Herzog (60, BS) und SVP-Nationalrat Albert Rösti (55, BE) am Mittwoch das Rennen machen.
Das sehen auch viele Bundesparlamentarier so, wie eine Umfrage von «Le Matin Dimanche» bei über 30 Nationalrätinnen und Ständeräten zeigt. Die Chancen für Herzog gegenüber ihrer Konkurrentin Elisabeth Baume-Schneider (58, JU) stehen demnach zwei zu eins. Mit einem Verhältnis von drei zu eins sind die Chancen Röstis gegenüber Hans-Ueli Vogt (52, ZH) sogar noch grösser.
Weitere Hearings am Dienstag
Auch wenn es sich dabei um eine Spielerei mit dem Taschenrechner handelt, dürfte die Tendenz stimmen, wie auch eine Blick-Einschätzung zeigt. Trotzdem werden die Kandidierenden in den letzten Tagen nochmals Vollgas geben und um jede einzelne Stimme kämpfen.
Am Dienstag stehen weitere Hearings in den Fraktionen an. So werden die beiden SP-Frauen etwa bei der FDP vorstellig. Dort ist der Widerstand gegen einen vierten Lateiner-Sitz im Bundesrat – und damit gegen Baume-Schneider – gross. Die Jurassierin wird zwar angehört und sei auch «wählbar», wie FDP-Chef Thierry Burkart (47) in der «NZZ am Sonntag» erklärt. Er macht aber deutlich, dass «der Hinweis, es sei ein Deutschschweizer Sitz, insbesondere von Kolleginnen und Kollegen aus der Westschweiz kam».
Herzogs «Sündenregister»
Bei der FDP dürfte die einstige Basler Finanzdirektorin Herzog die Nase also vorn haben. Stimmen kosten könnte sie im Plenum allerdings ihr «Sündenregister», das der SonntagsBlick publik machte. Im Vordergrund steht dabei das Baudebakel um das Biozentrum der Uni Basel, das im Herbst 2021 eröffnet wurde – vier Jahre zu spät und rund 100 Millionen Franken teurer als die bewilligten 328 Millionen Franken.
Herzog sass von 2009 bis 2013 als Finanzdirektorin im Lenkungsausschuss, als das Projekt geplant wurde. Der Bericht einer Parlamentarischen Untersuchungskommission weist ihr daher eine «hervorgehobene Verantwortung» zu. Der Lenkungsausschuss habe seine «Sorgfalts- und Aufsichtspflicht nach bestem Wissen und Gewissen wahrgenommen», sagt Herzog dazu. Und: «Als wir die Probleme erkannten, haben wir sogleich reagiert.»
Ob Herzog auf der Zielgeraden durch diesen Makel noch ausgebremst wird? In den Hearings vom Dienstag wird sie wohl die eine oder andere unangenehme Frage dazu beantworten müssen. Nicht nur in der FDP, sondern auch in der Mitte-Fraktion, wo einige kritische Finanzpolitiker sitzen.
Wie überzeugend ihre Antworten dabei ausfallen, wird auch entscheiden, wie gut ihr Ergebnis am Mittwoch herauskommen wird. Für Spannung ist damit weiterhin gesorgt.