So haben sich Herzog, Vogt und Co. geschlagen
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Bundesratskandidaten im Test:So haben sich Herzog, Vogt und Co. geschlagen

Hearings der Kandidatinnen und Kandidaten für den Bundesrat
Hat Herzog bei der SVP gepunktet?

Am Dienstag haben die Hearings der Bundesratskandidatinnen und -kandidaten von SVP und SP begonnen. Deren Mission: Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier von sich überzeugen! Wem ist das gelungen?
Publiziert: 29.11.2022 um 12:01 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2022 um 07:41 Uhr
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Albert Rösti und Hans-Ueli Vogt sind sich zwischen den Hearings kurz begegnet.
Foto: keystone-sda.ch

Nachdem Eva Herzog (60) am Dienstagnachmittag um 16.15 Uhr das Zimmer 301 zuoberst im Bundeshaus verlassen hatte, standen SVPler beisammen und schauten sich ratlos an. Wen wählen? Die Basler SP-Ständerätin oder ihre Parteikollegin Elisabeth Baume-Schneider (58)?

Zuvor waren beide Genossinnen bei der SVP zum Hearing angetreten. Diese Anhörungen dienen Bundesratskandidaten dazu, sich den anderen Fraktionen vorzustellen. Oder andersherum: Den Fraktionen die Möglichkeit zu geben, die Anwärter für die Landesregierung auf Herz und Nieren zu prüfen. Wenn ein Parlamentsmitglied schon einen Favoriten hat, geht es mehr darum, sich abzusichern. Oder im letzten Moment die Meinung zu ändern.

Alle vier waren angespannt

Hearings sind der Start in die heisse Phase der Bundesratswahlen – und das war Herzog, Baume-Schneider sowie den SVPlern Albert Rösti (55) und Hans-Ueli Vogt (52) nur allzu bewusst. Die beiden Frauen mussten bei SVP und Grünen antreten, die Männer bei FDP und GLP.

Die Anspannung war allen ins Gesicht geschrieben. Selbst Baume-Schneider, die das Feld in den letzten Tagen mit einer erfrischend offenen Kampagne von hinten aufgerollt hatte. Auch wenn ihre Nervosität nichts im Vergleich zu jener von Hans-Ueli Vogt war, der den wartenden Journalisten dennoch bereitwillig jede Frage beantwortete.

Stimmungswechsel bei Albert Rösti

Angespannt aber war vor allem Eva Herzog. Ihre Favoritinnenrolle scheint ihr merklich zuzusetzen. Sie zeigte als einzige keine Lust, sich zu den Anhörungen zu äussern – was sie fast als Nachfolgerin von Finanzminister Ueli Maurer (71) prädestiniert, obwohl sie ja für den Sitz von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) antritt.

Wenn wir schon bei Favoriten sind: Selbst Albert Rösti ging nicht ganz so entspannt in sein erstes Hearing bei der GLP, wie es seiner Rolle als Kronfavorit entsprechen würde. Als er die Anhörungen anderthalb Stunden später überstanden hatte, war das nicht besser. Plötzlich war von der Lockerheit und der Zuversicht vom frühen Nachmittag nicht mehr viel zu spüren. Wie es gelaufen sei, wurde er gefragt. «Da müssen Sie die Fraktionen fragen. Ich habe versucht, mein Bestes zu geben», sagte er kurz angebunden, als er das FDP-Hearing verliess.

Rösti bleibt Favorit, Vogt kann dennoch punkten

In FDP-Kreisen kann man sich diesen Eindruck nicht erklären. Eher habe Rösti seine Favoritenrolle ausgebaut, heisst es. Er habe einfach mehr Format, sei im Gegensatz zum Zürcher Rechtsprofessor ein richtiger Politiker, heisst es auch aus GLP und von den Grünen. Wobei: Deutlich abgefallen ist Vogt nicht – einige gestehen ihm gar mehr Unabhängigkeit von der Parteipolitik zu als dem gmögigen Berner Rösti.

Ähnlich durchzogen ist das Bild bei der SVP, wo die beiden SP-Frauen Baume-Schneider und Herzog unter die Lupe genommen wurden. Manch einer fand Herzog schon sehr staatsmännisch im Auftritt, anderen fiel sie als ausweichend auf. Und die Vertreter der Randregionen und des Bauernstands haben ihr Herz sowieso schon an Baume-Schneider verloren, die Bauerntochter, die Schwarznasenschafe hält und sich clever als Vertreterin der ländlichen Bevölkerung positioniert.

Und wiederum andere sagten, Herzog sei sicher die bessere Bundesrätin – weil es ihr um die Sache gehe und nicht um das eigene Ego. «Ihr ist einfach egal, was man über sie denkt.» So jemand würde dem Bundesrat nur guttun.

Das Rennen ist spannender geworden

Bei der SP hat das Rennen um einen Sitz im Bundesrat an Spannung gewonnen: Während Rösti nach der ersten Runde der Hearings fest im Sattel sitzt, ist die Nachfolge um Sommarugas Sitz offener geworden. Herzogs Nervosität könnte ihre Chancen schmälern: Sowohl bei der SVP als auch bei den Grünen halten sich Herzog- und Baume-Schneider-Anhänger die Waage. Matchentscheidend werden hier die Hearings bei FDP und Mitte, die am kommenden Dienstag stattfinden.

Auch für Rösti und Vogt geht der Frage-Marathon nächste Woche weiter – Teil 2 der Hearings findet am Vortag der Wahlen statt. Noch hat keine der Fraktionen eine Empfehlung ausgesprochen. Man will abwarten. Oder überlässt den Entscheid jeder Parlamentarierin und jedem Parlamentarier selbst. So haben die Grünen mitgeteilt, beide SP-Kandidatinnen seien wählbar. Man habe Stimmfreigabe beschlossen. Ebenso die FDP mit den SVP-Kandidaten.

Die Freisinnigen haben am Dienstag einen ersten Vorentscheid zum SP-Ticket getroffen. Nach der Nomination Herzogs und Baume-Schneiders hatte die Partei kritisiert, gar keine echte Auswahl zu haben, weil mit der Wahl Letzterer die Deutschschweiz im Bundesrat in der Minderheit wäre – und damit die in der Verfassung festgeschriebene angemessene Vertretung der Sprachregionen nicht mehr gegeben. Weshalb laut darüber nachgedacht wurde, ob man Baume-Schneider überhaupt erst anhören solle. Und ob man an ihrer Stelle die nicht nominierte Evi Allemann (44) einladen sollte.

Davon sah die Fraktion ab, wohl auch mangels Support anderer Parteien. Allerdings fordert sie nun im Falle einer Wahl der Jurassierin, dass die SP «die Übergangsphase mit einer lateinischen Mehrheit rasch korrigieren» müsse. Was nichts anderes heisst als: Bundesrat Alain Berset (50) dürfte aus FDP-Sicht dann nächstes Jahr nicht mehr antreten.

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