«Da wusste ich: Die SP ist toll!»
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Bundesratskandidatin Herzog:«Da wusste ich: Die SP ist toll!»

SP-Bundesratskandidatin Eva Herzog wehrt sich gegen rechtes Image
«Wir haben die Sozialausgaben verdoppelt»

2010 scheiterte Eva Herzog beim ersten Anlauf für den Sprung in den Bundesrat. Im zweiten Versuch könnte es jetzt klappen. Politisiert wurde die Baslerin durch die Dritte-Welt-Bewegung. Die Frauenfrage führte sie in die SP.
Publiziert: 29.11.2022 um 10:01 Uhr
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Aktualisiert: 29.11.2022 um 12:10 Uhr
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Eva Herzog vertritt seit 2019 Basel im Ständerat. Jetzt will sie in den Bundesrat.
Foto: STEFAN BOHRER

Es ist ein Bild, das Eva Herzog (60) anhaftet: Sie, die einstige Basler Finanzdirektorin, die mit SVP-Finanzminister Ueli Maurer (71) gegen die eigene Partei für die Unternehmenssteuerreform III kämpft. Die wirtschaftsfreundliche Sozialdemokratin, die in ihrem Kanton Steuersenkungen durchsetzt. In der SP wird sie skeptisch beäugt, von der Juso offen kritisiert.

Herzog atmet tief durch, wenn sie auf das Bild der rechten Linken angesprochen wird. Es nervt sie. «Wenn die Leute die Steuerreformen kennen würden, die wir in Basel umgesetzt haben, hätte ich dieses Image nicht», sagt sie bei einem Kaffee mit Blick. Wie die von 2005 bis 2020 regierende rot-grüne Mehrheit das Steuersystem umgebaut hat, dahinter steht sie bis heute.

Steuern gesenkt, Sozialausgaben erhöht

Steuersenkungen gab es nur, wenn Überschüsse da waren. «Ohne Sparpakete!», betont sie. Die Steuern habe man vor allem für kleine und mittlere Unternehmen gesenkt, ebenso für tiefere und mittlere Einkommen. «Grosse Unternehmen zahlen unter dem Strich weiterhin gleich viel oder sogar mehr», hält sie fest. Im Gegenzug seien die staatlichen Leistungen verbessert worden. So wurde etwa das Existenzminimum steuerfrei. Und: «Wir haben die Sozialausgaben verdoppelt.»

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Auch wenn sie in der SP dem Reformflügel angehört, sieht sie sich in der richtigen Partei und auch als Linke. «Es gibt Menschen, die es nicht aus eigener Kraft schaffen – und für diese braucht es ein soziales Netz», stellt sie klar.

Arbeit im Dritte-Welt-Laden

Herzog wächst im Baselbieter Industrieort Pratteln auf. Der Vater arbeitet in der Chemie, die Mutter schaut zu den Kindern. Politisiert wird sie – lange bevor sie der SP beitritt – als junge Frau durch die Dritte-Welt-Bewegung. Sie arbeitete in einem Dritte-Welt-Laden, beschäftigte sich mit fairem Handel und Hilfe zur Selbsthilfe. «Es ging mir um soziale Gerechtigkeit.», so Herzog.

Wirtschaftsthemen sind es auch, für die sie sich in ihrem Geschichtsstudium erwärmt. «Ich habe mich immer dafür interessiert, wovon die Leute leben, wie ihre Arbeitsbedingungen sind und wie sich dies verändert – von Landwirtschaft und Gewerbe über die Industrialisierung bis hin zur Dienstleistungsgesellschaft.» Ihr Credo: «Die Wirtschaft ist für die Menschen da. Wenn es ihr gut geht, geht es auch den Menschen gut.»

Frauenfrage führte sie in die SP

Dass sie schliesslich in der SP landet, hat mit der Frauenfrage zu tun. 1993 demonstriert sie mit Tausenden Frauen auf dem Bundesplatz gegen die Nicht-Wahl der SP-Bundesratskandidatin Christiane Brunner (75). «Ich war begeistert von den Frauen auf dem Platz.»

Sensibilisiert dafür, «wie unmöglich Frauen früher behandelt wurden», hat sie schon ihre Dissertation über das Frauenturnen im Baselbiet. «Frauen sollten damals nur turnen, um einen gesunden Körper zu haben und gesunde Kinder gebären zu können», sagt sie und schüttelt den Kopf. «Wettkämpfe hingegen sollten sie unterlassen. Das galt als unweiblich.»

Zwölf ganz private Fragen

Sind Sie Morgen- oder Nachtmensch?
Eva Herzog: Beides. Ich bin am Morgen sofort wach und arbeite gerne in die Nacht hinein. Das ist manchmal auch schwierig.

Wo haben Sie die besten Ideen?
Meist wenn ich auf dem Velo sitze. Wenn ich einen «Chnüppel» im Kopf habe, brauche ich Bewegung.

Wie erholen Sie sich von einem stressigen Tag?
Am Feierabend gerne mit einem Bier.

Was wollten Sie als Kind werden?
Ich hatte nie einen bestimmten Beruf als Ziel, sondern wollte einfach etwas Sinnvolles machen.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Mit Kirschen ernten. Mein erster richtiger Ferienjob war aber im «Milchhüsli» in Pratteln, wo die Bauern ihre Milch abgegeben haben. Da fing man beim Offenverkauf von Früchten und Gemüse an, dann Aufschnitt und Käse und als Höhepunkt stand man an der Kasse. Das war super!

Was ist Ihre Superkraft?
Ich bin zäh und ausdauernd.

Welche Aufgabe erledigen Sie in Ihrem Haushalt?
Die Wäsche.

Was kann Ihr Lebenspartner besser als Sie?
Kochen! Das macht er gut und gerne. Ich koche viel seltener.

Woran scheitern Sie immer?
Hm ... Solche Dinge versuche ich gar nicht mehr. Ich würde zum Beispiel keinen Marathon laufen.

Was ist Ihr Lieblingsessen?
Rindssaftplätzli sind seit Kindheit mein Lieblingsfleischessen. Zudem Gnocchi an Tomatensauce – oder Knöpfli mit Kartoffelsauce.

Was ist Ihr geheimes Laster?
Wenn es geheim sein soll, erzähle ich es Ihnen doch nicht!

Wo, ausser in der Schweiz, würden Sie gerne leben?
In Madrid vielleicht. Ich habe in Spanien studiert und wäre fast dort hängen geblieben. Es war lange meine zweite Heimat.

Sind Sie Morgen- oder Nachtmensch?
Eva Herzog: Beides. Ich bin am Morgen sofort wach und arbeite gerne in die Nacht hinein. Das ist manchmal auch schwierig.

Wo haben Sie die besten Ideen?
Meist wenn ich auf dem Velo sitze. Wenn ich einen «Chnüppel» im Kopf habe, brauche ich Bewegung.

Wie erholen Sie sich von einem stressigen Tag?
Am Feierabend gerne mit einem Bier.

Was wollten Sie als Kind werden?
Ich hatte nie einen bestimmten Beruf als Ziel, sondern wollte einfach etwas Sinnvolles machen.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Mit Kirschen ernten. Mein erster richtiger Ferienjob war aber im «Milchhüsli» in Pratteln, wo die Bauern ihre Milch abgegeben haben. Da fing man beim Offenverkauf von Früchten und Gemüse an, dann Aufschnitt und Käse und als Höhepunkt stand man an der Kasse. Das war super!

Was ist Ihre Superkraft?
Ich bin zäh und ausdauernd.

Welche Aufgabe erledigen Sie in Ihrem Haushalt?
Die Wäsche.

Was kann Ihr Lebenspartner besser als Sie?
Kochen! Das macht er gut und gerne. Ich koche viel seltener.

Woran scheitern Sie immer?
Hm ... Solche Dinge versuche ich gar nicht mehr. Ich würde zum Beispiel keinen Marathon laufen.

Was ist Ihr Lieblingsessen?
Rindssaftplätzli sind seit Kindheit mein Lieblingsfleischessen. Zudem Gnocchi an Tomatensauce – oder Knöpfli mit Kartoffelsauce.

Was ist Ihr geheimes Laster?
Wenn es geheim sein soll, erzähle ich es Ihnen doch nicht!

Wo, ausser in der Schweiz, würden Sie gerne leben?
In Madrid vielleicht. Ich habe in Spanien studiert und wäre fast dort hängen geblieben. Es war lange meine zweite Heimat.

Gleichstellungspolitik ist Herzog noch immer wichtig. Besonders auch die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen, weshalb sie sich für die Individualbesteuerung engagiert. Und obwohl sie Jahrzehnte mit ihrem Lebenspartner zusammen ist und mit ihm zwei erwachsenen Söhne hat, war Heiraten nie ein Thema. «Das Konzept Heirat stimmt nicht für mich.»

Städterin im Bäuerinnenkurs

Wenn es am 7. Dezember ernst gilt, hat sie dank ihres rechteren Images bei den Bürgerlichen die besseren Karten als Konkurrentin Élisabeth Baume-Schneider (58). Vielleicht sogar bei den Bauern, bei denen sie bereits vorstellig wurde.

Auch wenn Herzog eher die urbane Schweiz vertritt, ist ihr die Landwirtschaftsthematik nicht fremd. Anfang der 1980er-Jahre besuchte Herzog nämlich einen Bäuerinnenkurs in der landwirtschaftlichen Schule Charlottenfels in Neuhausen SH. «Ich wollte nach der Matura in eine andere Welt eintauchen», erklärt Herzog.

Und ihre Lizenziatsarbeit schrieb sie über die spanische Agrargeschichte des 18. Jahrhunderts. Darauf angesprochen meint sie: «Oh, das habe ich beim Bauernverband gar nicht erwähnt. Das muss ich unbedingt noch Markus Ritter erzählen!» Ritter ist nicht nur Mitte-Nationalrat, sondern auch Bauernpräsident. Gerade bei den Landwirten hat sie mit der Jurassierin Baume-Schneider, die ländlichere Anliegen vertritt, Konkurrenz.

Distanziert, dünnhäutig?

Aber: In den Kernfragen politisieren sie auf Parteilinie. Die Abweichungen sind Nuancen. Da können plötzlich weiche Faktoren den Ausschlag geben. Was Herzog betrifft, muss sie sich den Vorwurf negativer Attribute gefallen lassen. Sie gilt als kühler, distanzierter, dünnhäutiger. Ein Bundeshaus-Parlamentarier bezeichnet sie gar als «schnippisch».

Zuschreibungen, bei denen Herzog tief durchatmen muss. Kühl? «Das stimmt nicht. Ich bin eher zu explosiv als zu kühl», sagt sie. Distanziert? «Wer mich kennt, weiss, dass das nicht stimmt.» Oder dünnhäutig? «Da kann ich schon mehr damit anfangen», räumt sie ein. «Worauf ich nicht gut zu sprechen bin, sind Unterstellungen – da wehre ich mich halt.»

Exekutivarbeit liegt ihr

Die SP-Frau macht sich jedenfalls keine Sorgen, dass sie sich nicht im Bundesrat eingliedern könnte. Exekutivarbeit liegt ihr, das weiss sie aus ihrer 15-jährigen Regierungsarbeit. «Ich arbeite gerne im Team. Als Parlamentarierin ist man einsamer, auch wenn man natürlich schon mit anderen zusammenarbeitet.»

«Möchte nicht sagen, was ich besser mache als Elisabeth»
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Eva Herzog über Kontrahentin:«Möchte nicht sagen, was ich besser mache als Elisabeth»

Bei einer Wahl in den Bundesrat würde sie auf FDP-Frau Karin Keller-Sutter (58) treffen. Was sie gemeinsam haben: Schon 2010 kandidierten sie für einen Bundesratssitz und mussten der Konkurrenz den Vortritt lassen. Keller-Sutter schaffte erst im zweiten Anlauf als Ständerätin den Sprung in die Regierung. Dasselbe könnte nun auch Herzog gelingen, die 2019 ins Stöckli gewählt wurde.

Bei Finanzen mitreden

Klar ist, dass Herzog bei der Departementsverteilung hinten anstehen müsste. Das Finanzdepartement würde sie kaum erhalten. Ein Wörtchen mitreden würde sie trotzdem – und dafür plädieren, Investitionen in die Zukunft zu tätigen. «Das jetzige Momentum dürfen wir nicht verpassen. Wir müssen jetzt den Klimaschutz fördern und Geld in erneuerbare Energie stecken.» Auch für Menschen mit tiefem Einkommen müsse mehr getan werden, etwa über die Prämienverbilligungen.

Nicht einmal der Corona-Schuldenberg soll den Bund von Investitionen abhalten. Und da tönt Herzog richtig links: «Wir sind eines der Länder mit dem tiefsten Schuldenstand – wegen der Finanzen müssen wir uns keine Sorgen machen.» Wenn der Bund auf neue Steuersenkungspläne verzichte, bleibe genügend Geld in der Kasse. «Geld, das man sinnvoll ausgeben kann.» So wie es Herzog in Basel vorgemacht hat.

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