Auf einen Blick
Am 24. November geht es gleich doppelt um die Rechte der Mieterinnen und Mieter. Das Schweizer Stimmvolk darf an diesem Abstimmungssonntag darüber entscheiden, ob das Mietrecht zugunsten der Vermieter verschärft werden soll: einmal bei der Untermiete und einmal bei der Kündigung bei Eigenbedarf.
Die Änderungen betreffen die Mehrheit der Bevölkerung: Laut Zahlen des Bundesamts für Statistik wohnten 2022 58 Prozent der Schweizer Bevölkerung als Mieterinnen oder Untermieter. Blick erklärt dir, was sich mit den beiden Vorlagen ändern würde.
Was ändert sich bei der Untermiete?
Vor einem Jahr befürwortete das Parlament zwei Vorlagen zum Mietrecht. Mit der ersten, einem Vorstoss des früheren Zürcher SVP-Nationalrats Hans Egloff (64), soll die Untermiete stärkerer Auflagen unterliegen. Bisher konnten Vermieterinnen ihren Mietern nur unter strengen Voraussetzungen verbieten, die Wohnung unterzuvermieten. Etwa, wenn durch die Untermiete für die Vermieterin oder den Vermieter ein nachweisbarer Nachteil entstehen würde. Oder wenn die Bedingungen im Vergleich zum Hauptmietvertrag missbräuchlich wären.
Mehr zum Mietrecht
Egloff, dem ehemaligen Präsidenten des Schweizer Hauseigentümerverbands, genügte diese Regelung nicht: Neu soll die Untermiete nur noch mit expliziter schriftlicher Zustimmung der Vermieterin möglich sein. Und sie soll auch verweigert werden dürfen, wenn sie mehr als zwei Jahre dauert. Zudem verankert die Vorlage explizit die Möglichkeit einer ausserordentlichen Kündigung, sollten die Auflagen nicht eingehalten werden. Alle bürgerlichen Parteien ausser der GLP unterstützten das Anliegen im Parlament.
Was sind die Argumente dafür?
Initiant Hans Egloff argumentierte in seinem Vorstoss, dass die Untervermietung eigentlich für Fälle gedacht sei, in denen jemand das Zuhause übergangsweise verlasse. In der Praxis genüge es heute jedoch, wenn die Mieterin oder der Mieter behauptet, dass er oder sie das Mietobjekt später wieder selbst nutze. So falle die Beweislast letztlich auf die Vermietenden. Mit den neuen Regeln soll dies nicht mehr möglich sein.
Die Rechtskommission des Nationalrats bezog sich zudem auf die zunehmenden Untervermietungen über die Plattform Airbnb. Insbesondere in Städten würden so günstige Altbauwohnungen zu überrissenen Preisen angeboten.
Wie soll die Kündigung bei Eigenbedarf vereinfacht werden?
Die zweite Vorlage soll es Vermietern vereinfachen, ihren Mieterinnen zu kündigen, wenn sie die Wohnung zum eigenen Bedarf nutzen wollen. Statt wie bisher einen «dringenden Eigenbedarf» nachzuweisen, müssten Vermieter neu nur noch einen «bei objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte» geltend machen. Nur die SP und die Grünen stellten sich im Parlament dagegen.
Auch dieses Begehren geht auf eine parlamentarische Initiative zurück: Der frühere Tessiner FDP-Nationalrat Giovanni Merlini (62) forderte 2018 eine Lockerung der «zu strengen Voraussetzungen» im aktuellen Mietrecht.
Was erhoffen sich die Befürworter davon?
Die aktuelle Praxis würde eine rasche Kündigung durch die Vermieterin oder den Vermieter verunmöglichen, argumentieren Befürworterinnen und Befürworter. Denn in den meisten Fällen käme es zu einer Anfechtung durch die Mieterschaft, die ein langes Zivilverfahren nach sich ziehe. Indem der Begriff der «Dringlichkeit» mit einer abgeschwächten Formulierung ersetzt wird, soll dies zukünftig verhindert werden.
Die bürgerlichen Befürworterinnen und Befürworter argumentieren weiter, dass die Rechte der Mietenden durch die neue Regel nicht geschmälert würden. Sie würde dafür mehr Transparenz und Rechtssicherheit bringen.
Weshalb stimmen wir über die beiden Änderungen ab?
SP und Grüne beklagen, dass die beiden Beschlüsse eine Attacke auf das Mietrecht seien. Besonders der Kündigungsschutz werde durch die Änderungen ausgehöhlt. Der Genfer SP-Ständerat Carlo Sommaruga (65), Präsident des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbands, sprach nach dem Entscheid von einer «Salamitaktik» zugunsten der Immobilienkonzerne und Vermieter.
Sommarugas Verband ergriff in beiden Fällen das Referendum. In ihrem Widerstand unterstützt wird er neben SP und den Grünen unter anderem durch den Konsumentenschutz und die Gewerkschaften.
Das Doppel-Referendum kam in Rekordzeit zustande: Nach kaum zwei Monaten waren bereits 60'000 Unterschriften im Sack – 10'000 mehr als benötigt. Letztlich unterzeichneten bis zur Einreichung im Januar dieses Jahres über 75'000 Menschen.
Wird es bald noch schwieriger für Mieterinnen und Mieter?
Unabhängig vom Resultat der Abstimmung wird die Diskussion um das Mietrecht voraussichtlich bereits in der kommenden Frühlingssession fortgesetzt. Denn die Rechtskommission des Nationalrats will es Mietenden erschweren, Anfangsmietzinse anzufechten. Zusätzlich zu einer Mangellage auf dem Wohnungsmarkt oder einer erheblichen Erhöhung gegenüber dem früheren Mietzins soll dies nur noch möglich sein, wenn eine persönliche oder familiäre Notlage besteht. Ausserdem sollen Vermietende nur noch drei statt fünf Vergleichsobjekte vorlegen müssen, um die orts- und quartierüblichen Mietzinse festzulegen.
Zugrunde liegen den Verschärfungen erneut zwei parlamentarische Initiativen von Hans Egloff. Und sie werden mit ähnlichen Argumenten vorangetrieben: So führe die aktuelle Situation zu Rechtsunsicherheit und resultiere oftmals in langwierigen Verfahren, argumentierte die Mehrheit der Kommission im August.
Laut Egloffs Hauseigentümerverband ist durch die Anpassung eine vereinfachte Überprüfung des Mietzinses bei Streitigkeiten möglich. Dadurch würden zulässige oder überhöhte Mietzinsen transparenter. Dies komme sowohl den Vermietenden als auch der Mieterschaft zugute. Der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) ist da anderer Ansicht: Er hat erneut Widerstand gegen die Vorschläge angekündigt.