Nach seinem Wahlsieg trat alt Bundesrat Alain Berset (53) in der Schweizer Residenz in Strassburg vor die Medien. Der Freiburger Sozialdemokrat wird der erste Generalsekretär des Europarats mit Schweizer Pass sein.
Er bedankte sich in seiner Ansprach unter anderem beim Bundesrat, der Schweizer Delegation im Europarat und seiner persönlichen Mitarbeiterin für die Unterstützung während der fünfmonatigen Kampagne. Er habe dabei so viele Kontakte gepflegt wie möglich und sei dafür in insgesamt 25 Hauptstädte gereist, erzählt Berset.
Die wichtigsten Fragen und Antworten
Auf die Frage, ob es den neuen Generalsekretär behindere, wenn die Schweiz das kürzlich gefällte Klimaurteil nicht beachte, sagt Berset: «Die Entscheide des Gerichts müssen umgesetzt werden.»
Vor mehreren Wochen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz dazu verurteilt, mehr für den Klimaschutz zu tun. «Das ist eine Pflicht, das wissen alle in der Schweiz», sagte Berset. Es werde aber nicht seine Aufgabe sein, dieses Urteil zu begleiten.
«Nehme die Haltung der Schweiz zur Kenntnis»
Nach dem Ständerat hatte auch der Nationalrat das Klimaurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in einer Erklärung kritisiert. Es sei jedoch nicht das erste Mal, dass die Schweiz mit einem Urteil nicht einverstanden sei, erinnerte Berset die anwesenden Journalisten. Das sei während seiner Zeit als Bundesrat auch passiert. Er habe damals dann eine Lösung gesucht. Als Generalsekretär des Europarats hingegen nehme er die Haltung der Schweiz zur Kenntnis.
Mehr zu Bersets Kandidatur
Am Dienstag Abend, um 18.52 Uhr erfüllte sich der Traum von Alain Berset (52) «Auf Alain Berset entfallen 114 Stimmen», schallt durch den Saal. Der alt Bundesrat ist der neue Generalsekretär des Europarats. Ein leichtes Nicken, eine Verbeugung, Erleichterung bei Berset.
Nur wenige Minuten zuvor sah es noch anders aus. Nicht bei Berset selbst, der äusserlich cool blieb, sondern bei den Schweizer Parlamentariern im Europarat. Sie alle hatten wochenlang für den SP-Mann geweibelt – unabhängig von der Parteizugehörigkeit. «Alain Berset ist der beste Kandidat», sagte zum Beispiel SVP-Ständerat Hannes Germann (67), als er kurz nach 10 Uhr seinen Wahlzettel ausgefüllt hatte
Es brauchte zwei Wahlgänge, bis Berset sich gegen seine Konkurrenten, den Esten Indrek Saar (51) und den Belgier Didier Reynders (65), durchsetzen konnte. Nach dem ersten Wahlgang herrschte Nervosität im Schweizer Lager. Vermutet wurde, dass Stimmen von Reynders zu Saar wandern könnten – um den Posten des Generalsekretärs in einem EU-Land zu behalten. Besonders die ukrainische Delegation habe in den jeweiligen Fraktionen darauf gepocht, heisst es. Sie sind mit Estland verbunden, weil auch diese sich von Russland bedroht sehen. Der Poker geht nicht auf. Zwar verliert Reynders Stimmen, aber Berset wird nicht mehr eingeholt.
Berset ist der erste Schweizer in dieser Spitzenposition. Das Verhältnis der Schweiz und des Europarats ist aber nicht unbelastet. Zum Europarat gehört auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der die Schweiz vor kurzem wegen zu wenig Klimaschutz verurteilt hat. Hilfe vom neuen Generalsekretär wird es wohl nicht geben.
«Alain Berset muss den Europarat vertreten, er wird die Schweiz nicht bevorzugen können», sagt FDP-Nationalrat Damien Cottier (49). Seine Wirkung entfalte der Europarat in der Diplomatie. Hier habe Berset Vorteile: «Er kennt als ehemaliger Bundesrat die Spitzenpolitiker in Europa.» So könne Berset dafür sorgen, dass «sich die Menschenrechtssituation in gewissen Ländern verbessert. Dadurch kann oft vermieden werden, dass neue Konflikte entstehen.»
Die Anforderungen an den alt Bundesrat sind gross. Berset müsse es gelingen, den Europarat mit seinen Werten zu stärken, sagt SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (58) am Dienstag zu Blick. So müssten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa gestützt werden – «Berset hat viel Erfahrung mit der direkten Demokratie, er musste als Bundesrat auch Niederlagen einstecken. Das hilft.» Ein gut geführter Europarat könne eine wichtige Rolle spielen. «Wenn es irgendwann einmal Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland geben sollte, könnte der Europarat mit Berset an der Spitze einen Rahmen dafür bieten.»
Alain Berset könne die Schweizer Werte wie Demokratie und Menschenrechte glaubwürdig vertreten, sagt auch Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (44). «Dass er schon Erfahrung in Spitzenpositionen hat, kann schneller Türen öffnen.»
Villa im Zentrum Strassburg
Berset selbst darf sich jetzt auf einige Annehmlichkeiten freuen: Als Generalsekretär verdient er etwas mehr als 215'000 Euro pro Jahr, dazu kommen verschiedene Zulagen. Zudem darf er in der Villa Massol im Zentrum Strassburgs logieren. «Ich wusste das garnicht und habe es aus der Presse erfahren», sagte Berset gegenüber Blick TV. Die Organisation mit fast 2000 Mitarbeitern bedinge ein grosses Engagement. «Das heisst für mich, dass ich viel hier sein werde», so der Generalsekretär. «Mein Glück: Es ist nicht so weit von der Schweiz entfernt.
Berset war durch ganz Europa getingelt, um für sich zu werben. Und konnte dabei auch auf Unterstützung des Bundes zählen: Mindestens 20'000 Franken hat das Aussendepartement in Bersets Kampagne investiert – die Schlussabrechnung steht noch aus.
Medienkonferenz ist beendet
Damit endet die heutige Medienkonferenz mit Alain Berset.
Lobbyist für die Schweiz?
Werde er nun in seiner neuen Rolle auch ein Lobbyist für die Schweiz sein, wird Berset gefragt. «Nein, aber meine Herkunft, meine Vergangenheit wird eine Rolle spielen. Ich werde mich engagieren für sämtliche Mitgliedstaaten.» Zum Beispiel sei ihm die direkte Demokratie als Schweizer wichtig, und etwa das werde seine Arbeit beeinflussen.
Berset steht hinter Klima-Urteil
«Die Entscheide des Gerichts müssen umgesetzt werden», sagt Berset angesprochen auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Vor mehreren Wochen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Schweiz dazu verurteilt, mehr für den Klimaschutz zu tun. «Das ist eine Pflicht, das wissen alle in der Schweiz», sagte Berset. Es werde aber nicht seine Aufgabe sein, dieses Urteil zu begleiten. Nach dem Ständerat hatte auch der Nationalrat das Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in einer Erklärung kritisiert. Es sei nicht das erste Mal, dass die Schweiz mit einem Urteil nicht einverstanden sei. Das sei während seiner Zeit als Bundesrat auch passiert.
Fragerunde beginnt
Nun dürfen die anwesenden Journalistinnen und Journalisten Fragen stellen. Jemand will vom alt Bundesrat wissen, ob er Ideen habe, wie er gegen Desinformation in der Bevölkerung vorgehen könne. «Es war für viele eine Überraschung, dass Desinformation bei den Wahlen in der Schweiz ein Thema war.» Der Europarat beschäftigte sich gerade sehr mit der Entwicklungen rund um die künstliche Intelligenz, sagt Berset. Es sei wie bei allen grossen technologische Entwicklungen, man müsse sich damit beschäftigen, ob es da Einschränkungen brauche.
«Ich bin bereit.»
Der Europarat sei nicht überall so sichtbar, wie es nötig wäre, sagt Berset. Mit seinem Netzwerk in Europa wolle er dafür sorgen – aber auch ausserhalb von Europa. Auch mit China, Inden oder dem globalen Süden werde er Kontakte pflegen wollen. Er wolle er in den Dialog treten. «Ich bin bereit», sagte Berset über seine neue Aufgabe.
Ukraine als Hauptthema
Insgesamt 25 Hauptstädte habe er im Rahmen seines Wahlkampfes besucht, erzählt Berset. Neun Hearings habe er mit politischen Gruppen absolviert. In fünf Monaten habe er so viele Kontakte gepflegt wie möglich.
Berset betonte erneut, dass die erste Priorität werde die Ukraine haben. Die Schweiz habe mit der Organisation der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock da auch ein wichtiges Zeichen gesetzt.
Berset ergreift das Wort
Intensive Tage lägen hinter ihm, sagt Berset. Seine Wahl sei «ein Sieg für die Schweizer Diplomatie», sagt Berset. Er bedankt sich beim Bundesrat und seinem Team, welche seine Kandidatur unterstützt habe.
Die Medienkonferenz beginnt
Die Medienkonferenz beginnt mit einer Einleitung von Claude Wild, dem Botschafter der Schweiz in Strassburg. Es sei ein grosser Erfolg für die Schweiz nur kurz nach dem letzten Erfolg – dem Bürgenstock-Gipfel. Die Schweiz stände nicht nur für Käse oder Schokolade, sondern auch für die Diplomatie.
Medienkonferenz um 10.00 Uhr
Am Dienstag wurde Alain Berset zum neuen Generalsekretär des Europarats gewählt. Was will er dort erreichen? Um 10.00 Uhr lädt der alt Bundesrat in Strassburg zu einer Medienkonferenz. Blick berichtet live.
Was bringt Bersets Wahl der Schweiz?
Alain Berset ist neuer Generalsekretär des Europarats. Für die Schweiz dürfte sich aber nicht viel ändern. «Alain Berset muss den Europarat vertreten, er wird die Schweiz nicht bevorzugen können», sagt FDP-Nationalrat Damien Cottier. Seine Wirkung entfalte der Europarat in der Diplomatie, die oftmals hinter verschlossenen Türen wirke. Hier hätte Berset Vorteile: «Er kennt als ehemaligen Bundesrat die Spitzenpolitiker in Europa.» So könne Berset dafür sorgen, dass «sich die Menschenrechtssituation in gewissen Ländern verbessert. Dadurch kann oft vermieden werden, dass neue Konflikte entstehen.»
Die Anforderungen an Berset sind gross, auch aus dem Schweizer Lager. «Alain Berset muss es gelingen, den Europarat mit seinen Werten zu stärken. Es braucht endlich einen Fokus auf das Wesentliche», sagt SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel. So müssten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa gestützt werden – «Berset hat viel Erfahrung mit der direkten Demokratie, er musste als Bundesrat auch Niederlagen einstecken. Das hilft.» Ein gut geführter Europarat könne eine wichtige Rolle spielen. «Wenn es irgendwann einmal Friedensgespräche zwischen der Ukraine und Russland geben sollte, könnte der Europarat mit Berset an der Spitze einen Rahmen dafür bieten.»
Alain Berset könne die Schweizer Werte wie Demokratie und Menschenrechte glaubwürdig vertreten. Das er schon Erfahrung in Spitzenpositionen kann schneller Türen öffnen», hofft Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan. «Als Generalsekretär des Europarats hat er einen anderen Zugang und kann so auch den Schweizer Bundesräten beim Networken helfen.»