Wird er neuer Europarats-Chef? Seine Chancen sind gestiegen
Für Berset beginnt der Showdown in Strassburg

Alain Berset will Generalsekretär des Europarats werden. Nächste Woche wird in Strassburg gewählt. Weshalb ihm eine estnische Spitzenpolitikerin nun zum Sieg verhelfen könnte.
Publiziert: 21.06.2024 um 09:06 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2024 um 10:33 Uhr
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Alain Berset will Generalsekretär des Europarats werden.
Foto: keystone-sda.ch
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Tobias BruggmannRedaktor Politik

Alain Berset (52) probiert vieles: Am Ukraine-Friedensgipfel war er, reiste nach Kiew, flog nach Polen oder Moldau. Am Dienstagabend, kurz nach 20 Uhr, entscheidet sich, ob sich der Aufwand gelohnt hat. Der Europarat wählt einen neuen Generalsekretär. Der ehemalige Schweizer Innenminister ist einer von drei Kandidaten.

Wenige Tagen vor dem Showdown steht fest: Es wird knapp für Berset. Sein Gegner Indrek Saar (51) war langjähriger Parlamentarier und Kulturminister in Estland. Der ausgebildete Schauspieler und Theaterdirektor gilt als Aussenseiter – doch weil er selbst lange im Strassburger Parlament sass, machte er sich Hoffnung.

Ausgerechnet eine Landsfrau macht ihm nun eine Strich durch die Rechnung. Kaja Kallas (47), die Premierministerin Estlands, steht kurz davor, Chefdiplomatin der EU zu werden. Der Europarat ist zwar keine EU-Institution, dennoch dürfte man den Esten keinen zweiten europäischen Spitzenposten zuschanzen. Das hilft Berset, da Saar ebenfalls Sozialdemokrat ist. Auch CH Media berichtete über die steigenden Chancen Bersets.

Wer stimmt überhaupt ab?

Somit dürfte es zum Zweikampf mit Didier Reynders (65) kommen. Während 20 Jahren war er in der belgischen Regierung unter anderem als Finanz-, Aussen-, Verteidigungs- und Vize-Premierminister tätig. Im Jahr 2019 kandidierte er schon einmal für das Generalsekretär-Amt beim Europarat, damals erfolglos. Auch Reynders war auf dem Bürgenstock präsent, hat gar unbezahlten Urlaub von seinem Job als EU-Kommissar für Justiz genommen, um sich voll und ganz auf den Wahlkampf zu konzentrieren. Das Ministerkomitee des Europarats hat schon eine Präferenz abgegeben: an erster Stelle hat sie Berset gesetzt, gefolgt von Saar und Reynders.

Doch nicht allein das Können und die Vita der Kandidaten dürften entscheidend sein – sondern viel profanere Fragen, wie zum Beispiel, wer überhaupt in Strassburg abstimmt. So schwänzen im Europarat oftmals viele Parlamentarier die Sitzung – was Berset wichtige Stimmen kosten könnte. Und weil in Frankreich und Grossbritannien bald gewählt wird, könnten Teile der Delegation aus diesen Ländern fehlen, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet hat.

Schlussspurt ab Sonntag

Entscheidend wird der Schlussspurt – wo die Schweizer Vertreter nochmals kräftig für Berset weibeln werden: Die Schweizer Delegation lädt am Sonntag in Strassburg zum Fest, Reynders versucht mit einem Flammkuchen-Essen die Parlamentarier auf seine Seite zu ziehen.

Am Montag treffen sich dann die Fraktionen nochmals. Besonders die Schweizer Parlamentarier rühren die Werbetrommel für Berset – auch jene, die ihm politisch nicht nahestehen. Das Aussendepartement unterstützt die Kandidatur Bersets derweil finanziell. Bislang wurden Ausgaben von rund 20'000 Franken verrechnet. Vier Mitarbeitende kümmern sich um die Kandidatur – jedoch nicht ausschliesslich jener von Berset, sondern von allen rund zehn laufenden Kandidaturen für internationale Posten. «Diese Arbeit umfasst insbesondere die Ausarbeitung und Umsetzung der Kampagnenstrategie, in Zusammenarbeit mit Alain Berset, einschliesslich der Erstellung von Werbematerial und der Organisation von Reisen und Treffen.» 

Eine Vorentscheidung fällt am Dienstag kurz nach Mittag. Dann wird der erste Wahlgang abgeschlossen sein. Denkbar ist, dass sich danach entweder Saar oder Berset zurückziehen. Die definitive Entscheidung dürfte dann im zweiten Wahlgang am Abend fallen. Dann wird feststehen, ob sich das viele Reisen für Berset gelohnt hat. 

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