Der Bundesrat schien im Kampf gegen die vierte Corona-Welle Ernst machen zu wollen. Auch wenn Gesundheitsminister Alain Berset (49) stets von einer «vorsorglichen Massnahme» gesprochen hat: Vieles deutete in den vergangenen Tagen darauf hin, dass wir schon bald vor dem Restaurant-, Kino- oder Museumsbesuch zuerst das Covid-Zertifikat zeigen müssen.
So war in den zugehörigen Unterlagen zum weiteren Vorgehen erst sogar zu lesen, dass das «Inkrafttreten der Verordnung für den 1. September 2021 vorgesehen ist». Der Bundesrat «beabsichtige», die Änderung an seiner Sitzung vom Mittwoch zu verabschieden. Bersets Innendepartement sprach auf Nachfrage von Blick allerdings von einem Fehler – und passte seine Unterlagen an.
Lieber noch eine Woche warten
Tatsächlich soll der Bundesrat nun plötzlich zögern. Gemäss Blick-Recherchen will die Regierung diesen Mittwoch noch keinen definitiven Entscheid fällen – obwohl die meisten Kantone die Pläne für eine Ausweitung des Corona-Passes unterstützen. Einzelne Kantone wollen sogar noch weitergehen. Graubünden spricht sich gar für eine Zertifikatspflicht im öffentlichen Verkehr aus.
Wie mehrere Quellen berichten, will der Bundesrat mit der Ausweitung des Geltungsbereichs des Zertifikats für Geimpfte, Genesene und Getestete aber lieber noch eine Woche warten und die Corona-Lage weiter beobachten.
Obwohl sich viele Gastronomen gegen eine Zertifikatspflicht in den Beizen wehren, könnte diese je nach Entwicklung der Corona-Zahlen und der Belegung der Intensivbetten aber dennoch kommen. Zu hören ist, dass die Landesregierung allerdings möglicherweise davon absieht, eine generelle Zertifikatspflicht für Innenräume auszusprechen. Beispielsweise in Fitnesszentren könnte darauf verzichtet werden.
Bundesrat hofft auf Besserung
Derweil bleibt die Situation in den Schweizer Spitälern angespannt, was vor allem mit den vielen ungeimpften Ferienrückkehrern zu tun hat. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sprach am Dienstag vor den Medien von einer «sehr unsicheren Lage». Die Auslastung der Intensivstationen hat zwar leicht abgenommen, ist mit rund 76 Prozent aber weiterhin hoch. 32 Prozent der verfügbaren Betten werden von Covid-Patienten besetzt. Einzelne Spitäler müssen bereits Patienten verlegen.
Und doch hat der Bundesrat die Hoffnung noch nicht verloren. So soll die Regierung darauf spekulieren, dass mit dem Ausbleiben weiterer Ferienrückkehrer der Anstieg der Spitaleinweisungen etwas gebremst wird. Und dann sind umstrittene Sofortmassnahmen vielleicht doch noch nicht zwingend nötig.