Die Armee vergisst nie. Und so ist und bleibt SP-Bundesratskandidat Jon Pult (39) für den Verband Militärischer Gesellschaften Schweiz (VMG) unwählbar – gerade in einer solch angespannten Sicherheitslage mit dem Ukraine-Krieg und dem neu entflammten Nahost-Konflikt. Der «schweizweit bekannte Armeegegner» wäre als Bundesrat mitverantwortlich für die Armee und die Sicherheit der Schweiz. Für VMG-Präsident Stefan Holenstein (61) wäre das «schlicht unglaubwürdig».
Öffentlich ruft der Militärverband daher das Parlament dazu auf, bei den Bundesratswahlen vom 13. Dezember nicht Pult zu wählen. Ein Dorn im Auge ist den Offizieren nicht nur das SP-Parteiprogramm, das nach wie vor langfristig die Abschaffung der Armee anvisiert. Denn dann müsste der VMG ja genauso gegen den Basler Regierungspräsidenten Beat Jans (59) feuern. Vielmehr droht Pult von seiner persönlichen Vergangenheit eingeholt zu werden.
Gegen WEF-Einsätze gekämpft
Unvergessen bleibt den Offizieren, dass sich Pult 2006 im zarten Alter von 21 Jahren als Mitglied des sogenannten Soldatenkomitees gegen Einsätze der Armee am Weltwirtschaftsforum WEF in Davos GR engagiert hatte. Das Militär solle nicht polizeiliche Aufgaben übernehmen, hatte der Bündner Flugabwehr-Soldat gefordert.
Und nicht nur das: In der Parlamentsdebatte über die Aufstockung des Armeebudgets vor einem Jahr habe der SP-Vizepräsident diese als «kompletten Unsinn» bezeichnet, empört sich der VMG in einer Mitteilung – und das mitten während des Ukraine-Kriegs. Vielmehr hatte Pult damals dafür plädiert, statt in die Armee in die erneuerbare Energieversorgung zu investieren.
Parlament solle «staatspolitische Verantwortung» übernehmen
Pult sei «im Sog der SP-Armeeabschaffer», schlussfolgert VMG-Präsident Holenstein. Eine allfällige Wahl in die Landesregierung sei schlicht untragbar. Deshalb appelliert der Militärverband mit seinen rund 100'000 Mitgliedern an die «staatspolitische Verantwortung» der Bundesversammlung – und rät von einer Wahl Pults ab.
Schlimmstenfalls könnte Pult statt des frei werdenden Innendepartements des abtretenden Alain Berset (51) sogar das Verteidigungsdepartement VBS übernehmen, orakeln die Offiziere. Für einen solchen Wechsel gibt es allerdings keinerlei Anzeichen.
Holenstein und seine Mitstreiter möchten aber auch so auf keinen Fall einen Vertreter im Bundesrat haben, der «die steten Bemühungen der Milizverbände und der Dienstleistenden von Armee und Zivilschutz zugunsten der Sicherheit und Freiheit unseres Landes permanent untergräbt». Gerade jetzt vertrage es keine sicherheitspolitischen Experimente in der obersten Landesbehörde.
Milizgesellschaften sind sich nicht einig
Doch: Nicht alle Milizgesellschaften teilen diese Meinung. So reagierte die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) bereits zu Beginn der Wintersession in einem Schreiben an die Parlamentarier auf die kritische Mitteilung des VMG – und distanziert sich von Empfehlungen zur Unwählbarkeit offizieller Bundesratskandidaten.
SOG-Präsident Dominik Knill hält dabei fest, dass die SOG als Dachorganisation von 20'000 Offizieren nicht Mitglied des VMG sei. Und: Als politisch unabhängige Milizgesellschaft gebe sie im Hinblick auf die Bundesratswahlen auch keine Wahl- oder Nichtwahlempfehlungen ab. Sie respektiere hier die alleinige Zuständigkeit der Vereinigten Bundesversammlung. (dba)