Die Hilfe kommt von unerwarteter Seite. Immerhin strebt die SP in ihrem Parteiprogramm noch immer die Abschaffung der Armee an. Nun aber unterstützt sie plötzlich eine Motion von SVP-Ständerat Werner Salzmann (61), der ein höheres Armeebudget durchboxen will.
Aufgeschreckt durch den Ukraine-Krieg hatte das Parlament beschlossen, die Militärausgaben bis 2030 auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu erhöhen – von rund 5,5 Milliarden auf etwa 9,5 Milliarden Franken pro Jahr. Wegen düsterer Finanzaussichten trat der Bundesrat jedoch auf die Bremse: Laut ihm soll das 1-Prozent-Ziel erst 2035 erreicht werden. Rüstungsprojekte wären weiter zu verschieben.
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Doch SVP-Sicherheitspolitiker Salzmann will das nicht so einfach hinnehmen. Am Dienstag berät der Ständerat seinen Vorstoss, mit dem der Bundesrat aufzeigen müsste, wie das Armeebudget doch schneller aufgestockt werden kann – ohne dabei die Schuldenbremse zu verletzen. Das Geld sei dringend nötig, «um die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes wiederherzustellen», heisst es darin.
Schützenhilfe erhält Salzmann jetzt ausgerechnet von der SP. «Das mag erstaunen, weil wir diese Hauruck-Erhöhung letztes Jahr im Parlament noch bekämpft haben», räumt SP-Finanzpolitikerin Sarah Wyss (35) ein. Tatsächlich hat bei den Genossen denn auch kein Sinneswandel stattgefunden. Der Partei geht es nicht ums Wohl der Armee. Vielmehr ist ihr die geltende Schuldenbremse ein Dorn im Auge, die auch dem höheren Armeebudget im Weg steht.
«Mit Unterstützung von Salzmanns Motion will die SP-Spitze die Absurdität der heute geltenden Schuldenbremse aufzeigen und eine Debatte anstossen», erklärt Wyss die Unterstützung Salzmanns. Die geplante Budgeterhöhung der Armee habe den ganzen «Finanzstress» erst ausgelöst. Mittlerweile hat der Bundesrat Sparmassnahmen in allen Bereichen angekündigt, um das Ausgabenwachstum 2024 zu bremsen.
Der SP gehen die Sparpläne aber viel zu weit. «Die restriktive Ausgestaltung der Schuldenbremse respektiert den Volkswillen nicht mehr», findet Wyss. Mit der Einführung vor 20 Jahren sollten die Schulden stabilisiert werden. Mittlerweile aber handle es sich um ein «Investitions-Stopp-Instrument»: «Das ist nicht zielführend, denn damit fesseln wir uns ausgerechnet in Krisenzeiten selber unnötig die Hände und verhindern dadurch wichtige und nötige Investitionen.»
Schulden nicht in Krisenzeiten abbauen
Die SP wolle die Schuldenbremse zwar nicht abschaffen, aber anpassen. «Nicht genutzte Überschüsse aus der Vergangenheit sollten in die Zukunft investiert werden dürfen», sagt Wyss. Die Schuldenbremse sei wachstumsorientiert auszugestalten, womit die Nettoschuldenquote stabilisiert würde.
Seit Einführung der Schuldenbremse aber sei die Nettoschuldenquote der Schweiz massiv gesunken. «Wir haben heute die tiefste Quote in Europa», betont Wyss. «Dabei ist es überhaupt nicht zielführend, in Krisenzeiten wie jetzt die Schulden weiter abzubauen.» Wichtiger sei es, sinnvolle Investitionen jetzt zu tätigen, für gute Renten, bezahlbare Prämien oder die Energiewende.
«Heute wäre das Geld für solche Investitionen teilweise durchaus vorhanden, darf wegen der Schuldenbremse aber nicht eingesetzt werden», ärgert sich die SP-Nationalrätin. «Das ist absurd. Wir müssen doch handlungsfähig bleiben.» Dies müssten nun auch die Bürgerlichen allmählich erkennen. Im Parlament dürften die Chancen für das höhere Armeebudget aber dennoch gering sein.