Italien hat seine Grenzen dicht gemacht. Weil übers Mittelmeer laufend neue Migranten eintreffen, nimmt die neue Regierung Giorgia Meloni (45) seit kurz vor Weihnachten vorerst keine Dublin-Flüchtlinge mehr zurück. Die Schweiz kann derzeit 184 Personen nicht zurückschaffen, obwohl gemäss Dublin-Abkommen Italien als Einreiseland zuständig wäre. Dabei ist die Migrationssituation auch hierzulande angespannt.
Eigentlich wurde den betroffenen Dublin-Staaten gemeldet, dass der Aufnahmestopp bereits nach den Festtagen wieder beendet werde. Die Hoffnung aber wurde enttäuscht. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) habe erwartet, dass Italien spätestens ab dem 6. Januar wieder Dublin-Flüchtlinge zurücknehmen werde, wie Sprecher Samuel Wyss gegenüber Blick erklärte. «Diese Erwartung wird von anderen betroffenen Dublin-Staaten geteilt.»
Die Schweiz muss sich weiter gedulden
Doch auch diese Hoffnung hat sich zerschlagen. Die Schweiz muss sich weiter gedulden. «Die Europäische Kommission wie auch die Schweiz sind in Kontakt mit den italienischen Behörden», sagt SEM-Sprecher Wyss. «Es ist davon auszugehen, dass der Aufnahmestopp bald aufgehoben wird.» Den Schweizer Behörden scheinen nur die Faust im Sack machen zu können.
Dennoch versucht das SEM, den Ball flach zu halten. Die Frist für die Überstellung von Dublin-Fällen dauere ohnehin sechs Monate. Daher sei ein kurzzeitiger Aufnahmestopp Italiens verkraftbar. Die betreffenden Fälle könnten nachträglich überstellt werden. Zudem könne die Schweiz zumindest auch weiterhin schon mal Dublin-Übernahmeersuche stellen.
«Das Asylsystem hat versagt»
Auf politischer Ebene hat der Aufnahmestopp Italiens dennoch für rote Köpfe gesorgt. «Das Asylsystem hat versagt», polterte SVP-Präsident Marco Chiesa (48). Der einseitige Vertragsbruch der neuen italienischen Regierung zeige deutlich auf, dass das Schengen-Dublin-System nicht funktioniere. Die EU-Aussengrenzen seien nach wie vor zu wenig geschützt.
SVP-Präsident Chiesa hatte sogar gefordert, illegal eingereiste Asylsuchende in ein afrikanisches Land abzuschieben. Er verwies dabei auf das Beispiel Grossbritannien, das ein Abkommen mit Ruanda geschlossen hat. Asylanträge sollen künftig in Ruanda und nicht in Grossbritannien geprüft werden. Dies soll Menschen von der Überfahrt über den Ärmelkanal auf die Insel abschrecken.
Der Bundesrat seinerseits hält solche Pläne für die Schweiz für nicht realistisch. Für die Übernahme von Dublin-Flüchtlingen muss er damit weiter auf Italien warten.