Wegen steigender Asylzahlen
SVP will wieder Armee an der Grenze

Die Schweiz ist mit einer massiven Flüchtlingswelle konfrontiert. Immer mehr Asylsuchende gelangen zu uns. Die SVP will deshalb die Grenze wieder besser schützen – auch mit Hilfe des Militärs.
Publiziert: 20.11.2022 um 11:16 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2022 um 08:58 Uhr
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Der Bund musste seine Asyl-Prognose fürs 2022 mehrfach nach oben korrigieren. Mittlerweile geht er von bis zu 25'000 Asylgesuchen aus.
Foto: Keystone
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Die Asylzahlen steigen. Im Oktober hat der Bund über 3200 Asylgesuche registriert, rund 20 Prozent mehr als noch im September. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) musste seine Prognose fürs 2022 nochmals deutlich nach oben korrigieren.

Denn es fliehen bei weitem nicht nur Ukrainer zu uns. Auch immer mehr Menschen aus Afghanistan, der Türkei, Syrien oder Burundi gelangen in die Schweiz. Mittlerweile geht das SEM fürs laufende Jahr von total 22'000 bis 25'000 Asylgesuchen aus. Damit würde sich die Zahl gegenüber dem Vorjahr, als die Pandemie die Mobilität noch erschwerte, fast verdoppeln.

SEM-Chefin Christine Schraner Burgener (59) spricht von «der grössten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg».

Schweiz soll Schutz wieder verstärken

Das lässt die SVP aufhorchen. Immerhin handelt es sich um eines ihrer Kernthemen. Und die SVP wäre nicht die SVP, wenn sie die steigenden Asylzahlen nicht lautstark anprangern würde – immerhin steht ein Wahljahr bevor.

Für den SVP-Parteileitungsausschuss ist denn auch klar: So kann es nicht weitergehen. Die Schweiz muss ihren eigenen Grenzschutz wieder verstärken. Zu diesem Schluss ist die Partei-Spitze am Samstag im Wallis gekommen.

«Gemeinden wissen nicht mehr weiter»

«Sowohl der Schutz der EU-Aussengrenze mit Frontex als auch das Schengen-System funktionieren ganz offensichtlich immer weniger», sagt SVP-Vizepräsident und Nationalrat Marcel Dettling (41). «Viele Scheinasylanten können dank Schlepperbanden ungehindert mehrere sichere Staaten durchqueren, bis sie in unser Land gelangen.»

Asyl nur noch auf Schweizer Botschaften?

Sind die Genfer Flüchtlingskonvention und die Menschenrechtskonvention noch zeitgemäss? Tragen sie dem Umstand genügend Rechnung, dass immer Flüchtlinge vor Armut fliehen und vorab aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa gelangen?

In der Schweiz äussert nicht nur die SVP Zweifel. «Im heutigen internationalen humanitären Recht fehlt eine rechtliche Antwort auf jene Armutsmigration von meist jungen Männern, die nicht persönlich und individuell an Leib und Leben bedroht sind», sagt der ehemalige SP-Nationalrat Rudolf Strahm (79) gegenüber der «Sonntagszeitung».

Strahm schlage daher eine koordinierte Einführung des Botschaftsasyls vor. So sollten Flüchtlinge im Grundsatz nur noch auf der Schweizer Botschaft in ihrem Heimatland einen Asylantrag stellen dürfen. Dort fänden auch die Erstbefragungen durch die Schweizer Behörden statt. «Gleichzeitig müsste dann der Zutritt in die Schweiz restriktiver abgewickelt werden», so Strahm. «Das würde dem Schlepperbusiness die Luft abstellen.» Das sei allerdings nur sinnvoll, wenn andere Länder mitzögen.

Um ein solches Botschaftsasyl einzuführen, wäre zumindest eine Ergänzung der internationalen Abkommen nötig. Strahm gehe mit seiner Forderung daher noch weiter. Die Schweiz sei Depositärstaat der Genfer Flüchtlingskonvention und wäre aus diesem Grund geradezu prädestiniert, diese Anpassungen auf internationaler Ebene anzustossen. (dba)

STRAHM RUDOLF
Rudolf Strahm forderte eine koordinierte Einführung des Botschaftsasyls.
SABINE WUNDERLIN

Sind die Genfer Flüchtlingskonvention und die Menschenrechtskonvention noch zeitgemäss? Tragen sie dem Umstand genügend Rechnung, dass immer Flüchtlinge vor Armut fliehen und vorab aus wirtschaftlichen Gründen nach Europa gelangen?

In der Schweiz äussert nicht nur die SVP Zweifel. «Im heutigen internationalen humanitären Recht fehlt eine rechtliche Antwort auf jene Armutsmigration von meist jungen Männern, die nicht persönlich und individuell an Leib und Leben bedroht sind», sagt der ehemalige SP-Nationalrat Rudolf Strahm (79) gegenüber der «Sonntagszeitung».

Strahm schlage daher eine koordinierte Einführung des Botschaftsasyls vor. So sollten Flüchtlinge im Grundsatz nur noch auf der Schweizer Botschaft in ihrem Heimatland einen Asylantrag stellen dürfen. Dort fänden auch die Erstbefragungen durch die Schweizer Behörden statt. «Gleichzeitig müsste dann der Zutritt in die Schweiz restriktiver abgewickelt werden», so Strahm. «Das würde dem Schlepperbusiness die Luft abstellen.» Das sei allerdings nur sinnvoll, wenn andere Länder mitzögen.

Um ein solches Botschaftsasyl einzuführen, wäre zumindest eine Ergänzung der internationalen Abkommen nötig. Strahm gehe mit seiner Forderung daher noch weiter. Die Schweiz sei Depositärstaat der Genfer Flüchtlingskonvention und wäre aus diesem Grund geradezu prädestiniert, diese Anpassungen auf internationaler Ebene anzustossen. (dba)

Der Bund sei mit den vielen Verfahren schon jetzt überfordert, reiche deshalb die Asylsuchenden rascher an die Kantone weiter, die schleunigst zusätzliche Möglichkeiten zur Unterbringung bereitstellen sollen. Die Kantone wiederum würden die Gemeinden in die Pflicht nehmen. «Diese sind schon jetzt am Anschlag und wissen nicht mehr weiter», meint Dettling.

«Wir müssen sofort handeln»

Für den SVP-Vizepräsidenten steht fest: «Wir müssen die Schweiz schützen.» Es brauche an der Landesgrenze systematische Kontrollen, bis sich die Situation im gesamten europäischen Raum wieder beruhigt habe. «Bis dahin muss notfalls die Armee an den Grenzen Hilfe leisten», findet Dettling. «Wir müssen das wieder eigenständig in die Hand nehmen.»

Ein Militär-Einsatz an der Schweizer Grenze wäre nicht erstmalig. Bereits während der Corona-Pandemie halfen Militärpolizisten und ein Milizbataillon an den Grenzen aus – und das bewaffnet. So übernahmen die Armeeangehörigen etwa Sicherungsaufgaben beim Personenverkehr, die Unterstützung bei der Verkehrsregelung sowie die Überwachung von Grenzübergängen und Geländeabschnitten.

In der kommenden Wintersession will die SVP im Parlament entsprechende Vorstösse einreichen. «Aber eigentlich müssen wir sofort handeln», betont Dettling. «Der Bundesrat muss endlich seine Verantwortung wahrnehmen.» (dba)

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