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8 tote Frauen in 8 Wochen – Funiciello alarmiert
«Der Bundesrat unternimmt nichts»

Frauen, die aufgrund ihres Geschlechts getötet werden: Dann spricht man von Femizid. Politikerinnen sprechen von einer Zunahme und fordern Massnahmen. SP-Nationalrätin Tamara Funiciello verlangt gar: Der Bundesrat muss erklären, wie er Frauen besser schützen kann.
Publiziert: 06.03.2025 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2025 um 10:00 Uhr
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Tatort Bülach ZH: Hier wurden im Februar zwei Frauen (†68, †49) getötet.
Foto: BRK News

Auf einen Blick

  • Seit Jahresbeginn wurden in der Schweiz acht Frauen von Männern getötet
  • SP-Nationalrätin Tamara Funiciello kritisiert die Untätigkeit des Bundes bei Femiziden
  • Zudem fordert eine Onlinepetition vom Bund für die Sicherheit von Frauen 350 Millionen
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Deborah Bischof
Deborah BischofRedaktorin Poltik

Seit Anfang Jahr wurden schweizweit acht Frauen getötet, bei denen ihr Partner, Ex-Mann oder Bruder unter Tatverdacht steht. Zum Beispiel in Bülach ZH: Hier wird ein 72-jähriger Mann dringend tatverdächtig, im Februar seine Frau (†68) und seine Tochter (†49) getötet zu haben. Ebenfalls im Februar kam es in Pratteln BL zu einem Gewaltdelikt. Ein Mann (†70) steht in Verdacht, seine Freundin (†33) und danach sich selbst erschossen zu haben.

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Die Rede ist von durchschnittlich einer getöteten Frau pro Woche – doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum vor einem Jahr. Dies zeigen Zahlen des Rechercheprojekts «Stop Femizid». Die Fälle werden von der Organisation als Femizide eingestuft, bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für die mutmasslichen Täter jedoch die Unschuldsvermutung. Von einem Femizid wird gesprochen, wenn ein Mann eine Frau tötet, weil sie eine Frau ist.

«Die Situation ist dramatisch, und der Bundesrat unternimmt nichts dagegen», sagt SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (34) zu Blick. Sie fordert deshalb in der Fragestunde von nächster Woche Antworten vom Bundesrat, wie er Frauen besser schützen will.

Petition fordert vom Bund 350 Millionen

Denn Frauenorganisationen schlagen schon länger Alarm. Es brauche mehr Plätze in Frauenhäusern, mehr Ressourcen für Opferhilfestellen und nationale Präventionskampagnen sowie bessere Täterarbeit, so der Tenor. Erst vergangene Woche startete eine breite Allianz aus Organisationen und Politikerinnen deshalb eine Onlinepetition. Sie fordert vom Bund 350 Millionen Franken für Massnahmen, welche die Sicherheit von Frauen und Mädchen erhöhen.

Zu den Mitinitiantinnen der Petition gehören auch die SP-Frauen. «Mit der Istanbul-Konvention hätte der Bundesrat das richtige Werkzeug in der Hand, um Massnahmen zum Schutz von Frauen und Mädchen zu ergreifen», sagt Nationalrätin Funiciello. Die Konvention ist ein Übereinkommen des Europarats, das mithilfe von Prävention, Schutz und Strafverfolgung die Gewalt gegen Frauen bekämpft. Nachdem die Schweiz die Konvention 2018 übernommen hat, erarbeitete der Bund einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt.

Doch das Thema werde noch immer zu wenig ernst genommen, kritisiert Funiciello. «Anstatt zu handeln, schiebt der Bund die Verantwortung an die Kantone und Gemeinden ab.» Das führe dazu, dass Massnahmen teils nicht oder zu wenig umgesetzt würden. Zudem gebe es grosse kantonale Unterschiede: Während einige sich intensiv mit Täterarbeit und Opferhilfe beschäftigten, existierten solche Programme und Angebote in anderen überhaupt nicht.

Müssen Femizide erfasst werden?

Bereits mehrfach wurden deshalb in der Politik nationale Lösungen gefordert. So ist unter anderem ein Vorstoss von Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (44, BS) hängig. Dieser fordert vom Bund eine Machbarkeitsstudie zur Erfassung von Femiziden. Der Bundesrat stimmte dem Anliegen zu, und ein Bericht könnte bis Ende Jahr vorliegen. Ein weiterer Vorstoss, der Femizid als Strafbestand ins Gesetzbuch aufnehmen wollte, scheiterte dagegen.

Kürzlich erschienen zudem die Resultate einer Studie des Eidgenössischen Büros für Gleichstellung von Frau und Mann. Untersucht wurde die «zentrale Rolle» von Schusswaffen bei Tötungsdelikten im Bereich häuslicher Gewalt. Die Ergebnisse sollen nun in die laufende Präventionsarbeit gegen geschlechtsspezifische Gewalt einfliessen, wie das Büro schreibt.

Das könne jedoch erst der Anfang sein, sagt SP-Nationalrätin Funiciello. Sie sieht vor allem in der Prävention noch viel Handlungsbedarf. «Wir dürfen nicht erst eingreifen, wenn es bereits zu Gewalt gekommen ist», sagt sie. Es brauche mehr Präventionsarbeit in Schulen, nationale Kampagnen sowie umfassende Täterprogramme.

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