Jetzt spricht die Klima-Jugend
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«Druck der Strasse ist nötig»:Jetzt spricht die Klima-Jugend

Fünf Porträts für ein besseres Klima
Die jungen Umweltaktivisten

Fünf Jugendliche erzählen BLICK über ihre Motivation für das Klima zu kämpfen.
Publiziert: 10.03.2019 um 23:35 Uhr
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Aktualisiert: 01.04.2019 um 16:39 Uhr
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Kevin Vidal (18), Basel: «Ich will die Kinder für Umweltthemen sensibilisieren.»
Foto: STEFAN BOHRER
Rachel Hämmerli, Rebecca Wyss (Text), Jessica Keller, Stefan Bohrer, Darrin Vanselow (Fotos)

Kevin Vidal (18), Basel

Fan, Juniorencoach, Schiedsrichter – Fussball ist ein wichtiger Teil von Kevin Vidals Leben. Trotzdem investiert er viel Zeit in die Klimastreik-Bewegung. Der 18-Jährige ist auf einer kleinen Mission: «Ich will die Kinder für Umweltthemen sensibilisieren.» Jetzt als Trainer, später auch als Lehrer. Deshalb absolviert er die Fachmaturitätsschule mit Fachrichtung Pädagogik. «Man muss nicht nur ein Politiker sein, um etwas bewegen zu können.» Tatsächlich bewegt er als Mitglied des Basler Streik-Organisationskomitees schon einiges. Er ist so gut vernetzt, dass er bestens darüber Bescheid weiss, wie die Stimmung an den Schulen ist und ob die Lehrer und Schulleitungen die Streiks akzeptieren. Wenn nicht, hilft er den Schülern, eine Lösung zu finden. Für Kevin Vidal steht fest: «Am Freitag werden alleine in Basel wieder Tausende auf die Strassen gehen.» Er muss es wissen, er ist für 30 Whatsapp-Gruppenchats mitverantwortlich, diese erreichen mehr als 2000 Leute.

Cora Tampe (20), Zürich

Cora Tampe schüttelt ungläubig den Kopf: «Ich verstehe nicht, warum nicht viel mehr Leute Solaranlagen auf dem Dach haben.» Für sie steht fest: Das sollte der Staat vorschreiben. Er sollte auch Ölheizungen verbieten oder CO2-Obergrenzen für SUVs festlegen. «Bis jetzt ist nichts passiert. Das wollen wir ändern.» Nicht umsonst studiert sie Umweltnaturwissenschaften an der ETH. Mit ihrem Engagement will sie nicht nur Jugendliche wachrütteln. «Unsere Anliegen betreffen alle – egal, ob jung oder alt, rechts oder links.» Auch einen Bauern, der im Sommer wegen der Dürre seine Kühe nicht tränken kann oder eine ältere Dame, die wegen der Hitze nicht mehr vor die Tür geht. In der Öffentlichkeit sollen deshalb nicht einzelne Köpfe herausstechen. «Wir wollen keine Schweizer Greta.» Alle sollen sich identifizieren können. Früher habe sie oft gedacht, dass ihr Engagement nichts bringe. «Jetzt, da wir so viele sind, bin ich zuversichtlich, dass auch die Politik mitzieht.»

Selina Dienemann (16), Augst BL

Ist Selina Dienemann ein Vorbild für ihre 13 Schwestern und Brüder? Ja, wenn es vorbildlich ist, kein Billigfleisch zu essen oder im Laden auf das Plastiksäckli zu verzichten. Zu öde für die kleineren Geschwister, die sind eher auf Action aus. «Sie wollen mich zum Streik begleiten», sagt Selina. Die Kleinen dürfen noch nicht demonstrieren, doch die grossen Brüder sind immer dabei. Die Pflegeeltern der Privatschülerin unterstützen ihre Tochter: «Mach das – das ist eine Aufgabe fürs Leben.» Die Ermunterung von zu Hause beflügelt die 16-Jährige im Kampf für die Umwelt. Wenn sie nicht gerade fürs Klima durch die Strassen zieht, singt sie in einem Chor. Wobei sich beides miteinander vereinbaren lässt. Mit anderen aus der Bewegung hat Selina Dienemann einen Streik-Song geschrieben: Zur Version von «Bella Ciao» werden sie auf zukünftigen Klimastreiks marschieren.

Jonas Kampus (17) Wetzikon ZH

Früh übt sich: Noch bevor naturwissenschaftliche Fächer auf dem Schulplan des Gymnasiasten standen, interessierte er sich für Umweltthemen. «Ich habe mit meinen Eltern oft über Umweltprobleme gesprochen», sagt er. «Und ich habe sehr viele wissenschaftliche Artikel und Bücher zum Thema gelesen.» Als sich die Jugend zum Klimastreik formierte, war für den 17-Jährigen klar: Er wird zum Umweltaktivisten. Mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen im Köcher nimmt es Jonas Kampus mit allen auf. Er diskutiert mit Passanten an einer Demo, mit dem Publikum auf einem Podium. Und wirkt dabei souverän, ja siegessicher. Er kann sich nicht vorstellen, für ein politisches Amt zu kandidieren. Obschon man die Stimme eines Politikers zu hören meint, wenn man ihm zuhört.

Chiara Hoffmann (18), Wängi TG

Chiara Hoffmanns Mutter ist Postbeamtin, ihr Vater Informatiker. Diskussionen übers Klima wurden in der Familie nicht ausgetragen – bis die Tochter plante, für den kommenden Klimastreik blauzumachen. Solange die Noten in der Schule stimmten, sei das kein Problem, sagten die Eltern. Deshalb läuft sie bei der Demo mit. «Zum ersten Mal ist jetzt auch der Thurgau mit dabei!», sagt die 18-Jährige stolz. Die Gymnasiastin der pädagogischen Maturitätsschule pinnt fleissig Flyer ans Schwarze Brett der Schule. Mit Spannung erwartet Chiara Hoffmann den Freitag. Sie hofft auf neue Eindrücke und berührende Momente. Ähnlich dem Augenblick, den sie am Klimastreik im Januar erlebte: «Plötzlich sah ich kleine Kinder, die Schilder in die Höhe hielten, auf denen stand: ‹Ihr zerstört unsere Zukunft›». Dieses Engagement sogar von ganz Kleinen mache ihr Mut.

Kurzporträts von Rachel Hämmerli, Rebecca Wyss (Text), Jessica Keller, Stefan Bohrer, Darrin Vanselow (Fotos)

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