«Ich habe zwei Jahre auf Bewährung bekommen»
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Nach Haft wegen Klima-Aktion:«Ich habe zwei Jahre auf Bewährung bekommen»

Staatsanwaltschaft Zürich lässt erste Klima-Aktivisten frei
«Es war eine Qual in der Zelle – das will ich nicht noch einmal erleben»

Vor verschiedenen Banken in Zürich und Basel haben am Montag Klimaaktivisten demonstriert. Die Polizei nahm mehrere Dutzend – und liess sie nun bereits die zweite Nacht hinter Gittern schmoren. Nun sind sie wieder frei, haben aber einen Strafbefehl am Hals.
Publiziert: 10.07.2019 um 08:40 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2019 um 14:32 Uhr
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Zwei Tage befanden sich die Protestanten im Kasernenareal in Zürich in Haft.
Foto: Martin Bruhin
Martin Bruhin und Helena Schmid

Stundenlang haben die Aktivisten am Montag die Eingänge der UBS und Credit Suisse in Basel und Zürich blockiert. Einige hatten sich sogar an Ort und Stelle selbst gefesselt. Die Stadtpolizei Zürich und die Kantonspolizei Basel-Stadt griffen durch: Sie räumten die Gebiete, schnitten Demonstranten frei und nahmen sie fest.

Insgesamt 61 Personen in Zürich und 19 in Basel wurden abgeführt, verbrachten die Nacht in Haft. Während Basel schon am Dienstagabend neun Demonstranten entliess, setzt die Zürcher Staatsanwaltschaft erst am Mittwochmorgen die ersten auf freien Fuss.

«Ich habe doch niemanden verletzt»

Aus dem Gebäude im Kasernenareal strömt kurz nach neun Uhr ein Klimaaktivist nach dem andern. Tosender Applaus. Zwei Nächte haben sie hinter Gittern verbracht. So auch Bernhard. Er erzählt gegenüber BLICK: «Die Ungewissheit in der Zelle war schwer zu ertragen. Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartet.»

Er fände es nicht verhältnismässig, so lange festgehalten zu werden. «Schliesslich habe ich ja niemanden verletzt», so Bernhard. Dennoch würde er bei einer ähnlichen Aktion wieder mitmachen. Denn: «Die Untätigkeit der Menschen schockiert mich.»

«Es war eine Qual in der Zelle»

Auch Letizia möchte sich von zwei Nächten im Knast nicht einschüchtern lassen. «Aber ich bin schon sehr froh, dass ich wieder draussen bin», sagt sie. Es sei schön, die Freunde wiederzusehen, mit denen sie am Montag zuletzt zusammen war. «Zum Glück geht es allen gut.»

Greenpeace-Aktivist Martin ist überglücklich, endlich wieder frische Luft zu schnappen. «Es war eine Qual in der Zelle. Ich wusste kaum, wie spät es ist, das war schon elend», so der Aktivist.

Martin möchte sich von Protesten zunächst zurückziehen. «Ich habe zwei Jahre auf Bewährung bekommen», sagt er. Zu gross ist die Angst, noch einmal hinter Gitter zu müssen. Martin: «Das will ich nicht noch einmal erleben.»

Demonstranten wegen Nötigung angezeigt

Trotz den Verhaftungen werde man weitermachen, sagt die Sprecherin von Collectiv Climate Justice, Frida Kohlmann. «Wir bleiben standhaft», sagt sie. Wie genau es weitergeht, müsse man jetzt aber klären.

Bis Mittwochmittag hat die Staatsanwaltschaft schliesslich fast alle Aktivisten entlassen. Zwei Personen bleiben weiterhin hinter Gittern, es wurde Antrag auf Untersuchungshaft gestellt. Grund: Fluchtgefahr.

Insgesamt gegen 54 der 61 Festgenommenen wurde ein Strafbefehl erlassen. «Sie haben sich des Straftatbestandes der Nötigung schuldig gemacht», schreibt die Staatsanwaltschaft in einer Mitteilung.

Proteste wegen Vorgehen der Behörden

Am gestrigen Dienstagnachmittag hatte die Nachricht, die Aktivisten müssten noch eine zweite Nacht in Haft bleiben, für Proteste gesorgt. Die Zürcher Staatsanwaltschaft begründete ihr Vorgehen damit, dass die hohe Anzahl der Festgenommenen die Untersuchungen in die Länge ziehen würden.

Sprecher Erich Wenzinger: «Hinzu kam, dass die Personen teils von ihrem Recht zur Aussageverweigerung Gebrauch machten.»

Basel will Aktivisten heute freilassen

In Basel mussten die Aktivisten weniger lang schmoren. Die Staatsanwaltschaft hat bereits am Dienstagabend die ersten neun Festgenommenen auf freien Fuss gesetzt. «Zehn Aktivisten befinden sich noch in Haft, werden aber im Verlauf des Tages freigelassen», sagt Sprecher Peter Gill zu BLICK.

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