Eveline Erismann streicht über den Stoff einer farbigen Bluse. «Ich muss immer aufpassen, dass ich die Kleider nicht für mich selbst nehme», sagt sie und lacht. Vor kurzem hat die 26-jährige Aargauerin mit Benjamin Pfeuti und zwei weiteren Freunden die Brockenstube Kramer in Lenzburg AG eröffnet. Im gemütlichen Laden mit Kaffee-Ecke ist sie für die Kleider zuständig.
Secondhand aus Überzeugung: «Ich möchte die Kleiderindustrie mit der Wegwerfmode nicht mehr unterstützen», sagt die zierliche Frau. «Da wird sowieso vieles nur noch produziert und gar nicht mehr angezogen.» Erismann will mit diesem Konzept ein Zeichen gegen die umweltschädliche Fast-Fashion-Industrie setzen. Damit ist sie nicht allein. In jüngster Zeit öffnen überall in der Schweiz neue Secondhandläden ihre Türen. Gerade hat etwa das Vintage-Geschäft The New New aus Zürich ein zweites Lokal in Bern eröffnet – Mitinhaber sind die Rapper Greis und Manillio.
Boutiquen-Charme statt Brocki-Mief
Die neuen Läden haben sich herausgeputzt. Statt Brocki-Mief erwartet die Kunden moderne Musik, statt sichtlich getragener Kleider in Wühlkisten werden ausgewählte Stücke in schmucken Räumen präsentiert, die den Charme von Boutiquen verströmen – und vor allem junge Kunden anlocken.
Michèle Roten vom Zürcher The New New: «Seit einiger Zeit haben wir auch Kundinnen, die nicht eh schon immer secondhand kauften. Erfreulicherweise sind das oft sehr junge Leute, die ihren Konsum überdenken. Auch im Zusammenhang mit den Klimastreiks.»
Benjamin Pfeuti, von dem die Idee zum Kramer in Lenzburg stammt, teilt diese Beobachtung. Auch er will mit dem Laden dazu beitragen, dass Kleider und andere Dinge ein zweites Leben bekommen, vielleicht auch mal geflickt werden.
Eveline Erismann lebt, was sie sagt. Sie arbeitet nebenbei als vegane Köchin und trägt nur Secondhandkleider. Passt mal etwas nicht, näht sie es um. In Zukunft möchte die gelernte Schneiderin so auch die Ladenhüter des Brockis verschönern. An Klimademos war sie noch nie. Aber nur, weil sie immer im Brocki gearbeitet habe. «Und hier zu fehlen, wäre ja kontraproduktiv», sagt sie. Mit dem Verkauf von Secondhandmode trage sie schliesslich auch zum Klimaschutz bei.
Gegentrend zur Verschwendungsmentalität
Dass junge Menschen vermehrt nachhaltiger leben möchten, zeigt laut «Schweiz am Wochenende» auch der Konsumbarometer der Consors Finanz, für den 17'000 Europäer zwischen 20 und 40 Jahren befragt wurden: Zwei Drittel gaben an, dass sie mehr teilen und mieten sowie Produkte kaufen möchten, die so wenig CO2-Ausstoss wie möglich verursachen. Der Zeitpunkt, auf Secondhandmode zu setzen, ist also perfekt.
Michèle Roten bestätigt das: «Unser Geschäft entwickelt sich in eine schöne Richtung.» Im neuen New New in Bern beobachtet man den gleichen Gegentrend zur Verschwendungsmentalität der letzen Jahrzehnte. Schon jetzt sei die Nachfrage gross. Mitinhaber Greis: «Sowohl die Menschen aus dem Quartier wie auch die Kunden haben eine Riesenfreude am Konzept.»
Bei Fizzen, der bekanntesten Adresse für Vintage-Mode in der Schweiz, stieg die Nachfrage in den letzten zwei Jahren ebenfalls, sagt Geschäftsführer Adrian Masshardt. «Im Segment der Secondhandkleider haben wir rund 15 Prozent mehr Umsatz gemacht – auch, weil der Nachhaltigkeitsgedanke angezogen hat.» Schliesslich gebe es nichts Ökologischeres, als etwas zu nutzen, was schon mal gebraucht wurde.
Tausch-Partys
Alle bringen Kleider mit, die sie nicht mehr tragen, und tauschen sie mit den anderen Gästen.
Upcycling
Alte Teile können durch Umnähen attraktiver
werden als Neuware.
Kleider länger tragen
Wenn ein Kleidungsstück zwei Jahre lang getragen wird statt nur eines, sinken die CO2-Emissionen gemäss Greenpeace um 24 Prozent.
Basics
Voller Schrank, aber nichts anzuziehen? Zeitlose Kleidungsstücke, die sich gut kombinieren lassen, helfen gegen dieses Gefühl.
Secondhand
Auch ein T-Shirt aus Biobaumwolle verbraucht Ressourcen. In der Bilanz schneiden Secondhand-Teile am besten ab.
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In der grossen Klima-Serie von BLICK wird die globale Bedrohung Klimawandel aus allen Perspektiven betrachtet.
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- Welche Nationen sind die grössten Klimasünder der Welt?
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- Schwindende Gletscher, aussterbende Tierarten, Naturkatastrophen: Das sind die schlimmsten Folgen des Klimawandels
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