Die vergangene Woche war keine gute für das Verhältnis zwischen den USA und China: Es begann am Montag, als das Aussenministerium in Peking die USA für den Kriegsausbruch in der Ukraine verantwortlich machte. Am Donnerstag dann wurde ein Spionageballon Chinas – das Ding ist so gross wie drei Reisebusse – über einer militärischen Einrichtung im US-Bundesstaat Montana gesichtet. Als Reaktion darauf sagte Aussenminister Antony Blinken am Freitag seine für dieses Wochenende geplante Reise in die Volksrepublik ab.
Blinkens Begegnung mit Topvertretern der chinesischen Führung war bei einem Treffen von Präsident Joe Biden und Machthaber Xi Jinping vergangenen November verabredet worden. Es sollte das Ende der Eiszeit zwischen den beiden Staaten einläuten. Die Volksrepublik hatte nach dem Spitzentreffen den aggressiven Ton gegenüber den USA in der Tat ein wenig gedämpft und dafür sogar den schärfsten Regierungssprecher, Zhao Lijian, versetzt. Qin Gang löste den ebenfalls ins Lager der Scharfmacher gehörenden Wang Yi als Aussenminister der Volksrepublik ab. Qin war bis zu seiner Ernennung Botschafter Chinas in Washington. In einem Interview vor seinem Weggang äusserte er freundliche Worte über die Amerikaner, was als Entspannungssignal gewertet wurde.
Der ominöse chinesische Ballon
Auch als der Zwischenfall mit dem Ballon bekannt wurde, äusserte sich Peking für seine Verhältnisse verhalten devot. Es handle sich um einen Wetterballon, der von seiner Route abgekommen sei. Washington erwidert seinerseits ebenfalls konziliant und sagt, man habe die Erklärung Pekings «zur Kenntnis genommen». Beide Seiten bemühen sich um Schadenbegrenzung, denn noch besteht der Minimalkonsens zwischen den beiden Kontrahenten, dass ein Krieg um jeden Preis zu verhindern sei.
Bei den Gesprächen in Peking hätte es auch um Taiwan gehen sollen. Das Land ist ein enger Verbündeter der USA und einer der wichtigsten Chip-Hersteller der Welt. Ein Angriff Chinas auf Taiwan könnte der Auslöser für einen Krieg zwischen den beiden Atommächten sein.
China gibt USA schuld an Ukraine-Krieg
Die Begegnung am Sonntag wäre fast auf den Tag gefallen, an dem Xi Jinping und Kreml-Machthaber Wladimir Putin sich nach einem Treffen in Peking am 4. November 2022 zu Busenfreunden erster Klasse erklärten und sagten, dass ihre beiden Länder künftig sehr eng miteinander kooperieren wollen, auch militärisch. Was das heisst, machten sie bei Manövern im vergangenen Mai und November deutlich.
Das Hin und Her Chinas zwischen Aggression und Olivenzweig mag auf einen Machtkampf in Peking hindeuten: Xi Jinping wurden nach den Protesten im November, die sich gegen seine totalitäre «Null Covid»-Politik richteten, die Flügel gestutzt. Er hatte zuvor sein politisches Talent mit der Effektivität der Massnahmen verbunden, bei denen Millionen Menschen bis zu drei Monaten in ihren Wohnungen eingeschlossen blieben. Nun mehr und mehr in die Enge getrieben, könnte Xi sich zu einem Angriff auf Taiwan verleiten lassen, so die Befürchtung Washingtons. Da ist es gut, dass US-Aussenminister Blinken sogleich angeboten hat, das Treffen so schnell als möglich nachzuholen.
*Dr. Alexander Görlach ist Senior Fellow am Carnegie Council for Ethics in International Affairs in New York (USA).