«Statt Eier zu kochen, eiert der Bundesrat bisher vor allem rum»
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Gas- und Stromknappheit:«Statt Eier zu kochen, eiert der Bundesrat bisher vor allem rum»

BlickPunkt über Gas- und Stromknappheit
Eier kochen statt herumeiern!

Die Versorgung mit Haushaltsenergie ist in Gefahr. Aber der Bundesrat findet nicht die richtigen Worte, die Schweiz zur Sparsamkeit zu bewegen. Er sollte sich ein Beispiel an Adolf Ogi nehmen!
Publiziert: 02.07.2022 um 12:50 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2023 um 11:36 Uhr
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Christian Dorer, Chefredaktor der Blick-Gruppe.
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Wer hätte je gedacht, dass in unserem Land einmal die Lichter ausgehen könnten? Dieses bisher komplett unvorstellbare Szenario könnte im Winter Wirklichkeit werden!

Beim Erdgas ist die Schweiz vollständig auf Importe angewiesen – wir haben keine eigenen Lager. Wladimir Putin (69) liess die Lieferungen über die Nord-Stream-1-Pipeline nach Europa bereits auf 60 Prozent drosseln. Wenn er im Winter definitiv den Hahn zudreht, gibt es nicht mehr genügend Gas für alle.

Beim Strom sind die Aussichten ebenfalls düster: Die Hälfte der französischen AKW ist derzeit ausser Betrieb und die Schweizer Speicherseen sind wegen Regenmangels schlecht gefüllt. Axpo-Chef Christoph Brand (52) warnte auf Blick TV bereits vor einer Stromrationierung im Winter.

Zumindest im Hinblick auf Elektrizität hat die Landesregierung zu wenig vorgesorgt – eine Stromlücke zeichnete sich bereits lange vor Russlands Krieg gegen die Ukraine ab. Nun ist die Lage natürlich noch viel schlimmer.

Inzwischen kauft die Schweiz Gasvorräte im Ausland ein und hofft, dass diese im Notfall auch wirklich geliefert werden. Der Bundesrat hat festgelegt, wer zuerst auf Gaslieferungen verzichten müsste: die Unternehmen. Der Strom jedoch könne auch privaten Haushalten stundenweise abgeschaltet werden.

So weit, so schlecht. Was allerdings bisher fehlt, um die heraufziehende Krise gemeinsam zu überstehen, ist ein überzeugender Appell der Landesregierung an das Wir-Gefühl der Schweizerinnen und Schweizer. Energieministerin Simonetta Sommaruga (62) sagte eher lau: «Alle müssen zusammenarbeiten, denn jetzt gehts ums Ganze.» Und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (62) meinte nur: «Die Firmen sollten sich jetzt schon Gedanken machen, was sie bei einer möglichen Kontingentierung tun werden.»

Entschuldigung, aber wenn der Bundesrat das Volk mitreissen will, wenn der Ernst der Lage allen klar werden soll: Dann braucht es mehr als Floskeln.

Wie viel konkreter, engagierter und glaubwürdiger wirbt der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (52) fürs Energiesparen – bis hin zu der Aussage, er habe «seine Duschzeit deutlich verkürzt».

Der Bundesrat könnte sich vor allem an Adolf Ogi (79) ein Beispiel nehmen. 1988 lancierte der damalige SVP-Bundesrat eine Energiespar-Aktion, indem er höchstpersönlich demonstrierte, wie man sparsam Eier kocht (einen Zentimeter Wasser aufkochen, den Herd ausschalten, Eier in die kleine Pfanne, Deckel drauf, Kochdauer abwarten, fertig) – und das ganze Land redete plötzlich übers Energiesparen.

Regierungsamtliche Bevormundung will natürlich niemand. Was es aber dringend braucht, ist ein Appell, der ans Herz geht – für einen sorgsamen Umgang mit Strom, Gas und Wasser. Nur schon mit Rücksicht aufs eigene Portemonnaie!

Doch statt Eier zu kochen, eiert der Bundesrat bis jetzt herum.

Adolf Ogi kocht wieder Eier
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Kult-Szene wiederbelebt:Adolf Ogi kocht wieder Eier
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